FRIEDRICHSHAFEN - Die
Kläger sind zuversichtlich, die Straßenplaner auch: Nach der mündlichen
Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof des Landes lässt sich nicht klar
erkennen, ob der Planfeststellungsbeschluss zur B 31-neu rechtens ist oder
nicht. Die Richter jedenfalls planen, ihre Entscheidung am Freitag, 7. August,
mitzuteilen.
Länger und intensiver als
vorgesehen hat sich der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs (VGH)
Baden-Württemberg am Montag und gestern mit der Planung zur B 31-neu befasst.
Wohin die juristische Reise gehen wird, war zumindest für Laien nicht klar
erkennbar. Weil beide Seiten noch Schriftstücke nachreichen müssen und wollen,
hat der dreiköpfige Senat, der vom Vorsitzenden Richter Heinz Bölle geleitet wird, gestern noch keine Entscheidung
treffen können. Die Richter wollen aber am Freitag, 7. August, die grobe
Richtung ihres Urteils mitteilen, den sogenannten Tenor. Die schriftliche
Urteilsbegründung wird dann später zugestellt.
Der gestrige
Verhandlungstag im GZH begann mit einigen Nachscharmützeln zu den Themen des
Vortags. So machte die Klägerseite (Landwirte, Anlieger der geplanten
Umgehungsstraße und der BUND, Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland)
nochmals deutlich, dass sie die Verkehrsprognose, die den Straßenplanungen für
die Region zugrunde liegt, für falsch hält. Das Regierungspräsidium Tübingen
(RP), das für die Straßenplanung zuständig ist, wies diese Einschätzung erneut
zurück. Und selbst, wenn man die Zahlen etwas nach unten korrigierte, sei das
kein Grund, die vorliegenden Pläne in Frage zu stellen, hieß es.
Die Klägerseite stellte zu
dem Thema einen Beweisantrag und eine ganze Reihe weiterer zum Thema
Bachmuschel. Das Tier, das in Deutschland vom Aussterben bedroht ist, ist vor
allem im Mühlbach bei Schnetzenhausen in besonderem
Maße vertreten. Dieser Bach aber soll im Zuge der Baumaßnahme teilweise verlegt
werden. Vor allem der BUND kritisiert, dass der Bach nicht als sogenanntes FFH-Gebiet (also ein Areal nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie)
ausgewiesen ist. Damit wäre er nach europäischen Vorgaben besonders geschützt.
Warum der Mühlbach kein FFH-Gebiet ist und ob er als FFH-Gebiet nachzumelden ist, das war vor Gericht ziemlich
umstritten. Die vielen Beweisanträge der Kläger zum Thema allerdings lehnte das
Gericht ab. Die Straßenbefürworter im Saal (etwa die Hälfte der rund 60
Zuhörer) quittierte das mit Beifall. Prozessbeobachter sprachen von einem
Punktsieg für die Planungsbehörde.
Kompromisse gefunden
Am Nachmittag beschäftigten
sich die Richter mit Einzelklagen von Anliegern, die vor allem Lärmprobleme
geltend machen, und von Landwirten, deren Flächen für den Straßenbau gebraucht
werden. Teilweise gelang es, Lösungen zu finden, mit denen alle Beteiligten
leben konnten, also mehr vor allem für die Landwirte herauszuholen, als ihnen
bislang zugesagt worden war. Die anderen Streitpunkte muss jetzt ebenfalls das
Gericht entscheiden.
So unspektakulär wie die
Verhandlung begann, ging sie zu Ende. Wer als Sieger aus dem Verfahren
hervorgeht, wird sich am Freitag, 7. August, zeigen, wenn die Richter - so die
derzeitige Planung - die Grundzüge ihrer Entscheidung bekanntgeben.
Petra Stark, Leitende
Regierungsdirektorin beim RP Tübingen, zeigte sich nach Ende der Verhandlung
optimistisch: "Ich bin nach wie vor zuversichtlich, dass wir das Verfahren
gewinnen." Dass die FFH-Problematik so breiten
Raum eingenommen habe, sei überraschend. Dass das ganze Projekt deshalb
scheitern könnte, glaubt sie aber nicht.
Der Freiburger Rechtsanwalt
Dr. Tobias Lieber, der zusammen mit seinem Kollegen Hansjörg Wurster alle
Kläger juristisch vertritt, gab sich ebenfalls zuversichtlich. Das Verfahren
habe gezeigt, dass die Planung erhebliche ökologische, verkehrliche und
rechtliche Mängel aufweise. "Wir sehen uns jedenfalls in unserer
kritischen Einschätzung bestätigt", sagte er. Rolf Schilpp,
Sprecher des Bündnisses "Pro B 31", der selbst Jurist ist, sagte nach
der Verhandlung: "Ich habe ein gutes Gefühl. Ich glaube, dass es gut
ausgeht. Es wäre für die Menschen nicht nachvollziehbar, wenn die Straße an der
Bachmuschel scheitert." Oberbürgermeister Andreas Brand wollte sich zum laufenden
Verfahren nicht äußern.
Im Grundsatz können die
Richter entweder die Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss abweisen oder
den Beschluss aufheben. In beiden Fällen sind gewisse Auflagen denkbar. Der 5.
Senat entscheidet selbst, ob er eine Revision seines Urteils beim
Bundesverwaltungsgericht zulässt. Das passiert nur, wenn grundsätzliche
Rechtsfragen berührt sind. Beim BUND ist man zuversichtlich, dass das Thema
Bachmuschel zumindest auf diesem Wege weiter aktuell bleibt.
(Erschienen: 29.07.2009)