Richter: "Kläger fahren schweres Geschütz auf"

(FRIEDRICHSHAFEN/af) Nächste Woche schlägt für den Bau der B 31-neu zwischen Friedrichshafen und Immenstaad die Stunde der Wahrheit - zumindest in rechtlicher Hinsicht. Am Montag und Dienstag verhandelt der fünfte Senat des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Mannheim in zwei Verfahren über den Planfeststellungsbeschluss.

Schwarz malen gilt diesmal zwar nicht, aber es sei dennoch daran erinnert, dass die Sache schon einmal schief ging: Vor genau 20 Jahren, im Juli 1989, haben die Mannheimer Richter den vom Regierungspräsidium Tübingen 1987 erlassenen Planfeststellungsbeschluss für genau dieses Teilstück kassiert. Zwölf Fischbacher Landwirte hatten damals geklagt. Nach dem Motto "besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach" wartete man nicht ab, bis die ganze Strecke planerisch in trockenen Tüchern war. Mitte der 90er Jahre nahm man den ersten Bauabschnitt von Löwental bis zum Colsmanknoten in Angriff und vollendete ihn 2001. Seitdem endet der Umfahrungstorso am Rande des Industriegebietes, und von Jahr zu Jahr mehr Autos und Lastwagen quälen sich weiter durch Manzell und Fischbach.

Neuplanung zog sich hin

Die Neuplanung des zweiten Bauabschnittes zog sich Jahre hin. Die Planer ließen sich jetzt Zeit, schließlich sollte diesmal alles "wasserdicht" sein. Am 27. Juni 2008 war es so weit: der lang ersehnte Planfeststellungsbeschluss wurde erlassen, nachdem der Landtag tags zuvor Petitionen von Pro Kluftern und einer Verkehrsinitiative abgewiesen hatte.

Bereits eine Woche nach dem Erlass aus Tübingen haben 450 Immenstaader mit einer Unterschriftenaktion den Aufstand geprobt und Bürgermeister Jürgen Beisswenger samt Gemeinderat aufgefordert, gegen den Planfeststellungsbeschluss zu klagen. Schließlich endet die B 31-neu vierspurig unmittelbar an der Ortsgrenze in die alte Bundesstraße und präjudiziert damit den weiteren Trassenverlauf unmittelbar an Wohngebieten vorbei.

Während sich die Immenstaader zurückhielten und zähneknirschend die Pläne akzeptierten, formierte sich in Kluftern Widerstand im Stillen. Im August 2008 gingen beim VGH zwei Klagen sowie ein Eilantrag über die Aussetzung des Sofortvollzugs ein. Während der Eilantrag erledigt scheint, sind die beiden Klagen am Montag und Dienstag Gegenstand der Sitzung. Hinter den zwei Verfahren stehen insgesamt sieben Kläger, wie Martin Brandt, Richter und Pressesprecher am Mannheimer VGH, auf Anfrage der SZ gestern mitteilte.

Im ersten Verfahren handelt es sich um Klagen dreier Landwirte, die sich in ihrer Existenz bedroht sehen, sowie eine Klage des Bundes für Natur- und Umweltschutz Deutschland (BUND), der existenzgefährdende Eingriffe in den Bestand der Bachmuschel "unio crassus" im Lipbach, in der Brunnisach und im Mühlbach ins Feld führen. Im zweiten Verfahren geht es drei weiteren Klägern vor allem um Lärmschutz. Betroffen sind unter anderem die unter Denkmalschutz stehende Villa Wagner und eine 23 Wohneinheiten umfassende Eigentümergemeinschaft in der Klufterner Straße in Spaltenstein sowie ein altes Mühlengebäude. Von den Klägern werde "schweres Geschütz aufgefahren", sagte Brandt. Sie zweifeln unter anderem die Verkehrsprognosen an und halten die Lärmbelastung in Kluftern, Spaltenstein, Lipbach und Efrizweiler trotz Schutzmaßnahmen für zu hoch. Sie plädieren für eine Zusammenfassung der Anschlussstellen Kluftern, Spaltenstein und Schnetzenhausen.

Oberbürgermeister Andreas Brand und der Sprecher des Bündnisses Pro B 31, Rolf Schilpp, halten es für wichtig, dass Bürgerinnen und Bürger aus Friedrichshafen und der Umgebung möglichst zahlreich ins GZH kommen. Beifallens- oder Missfallenskundgebungen sowie Plakate oder Demonstrationen seien im Gerichtssaal aber nicht zulässig. OB und Bündnis Pro B 31 bitten dringend darum, Demonstrationen vor dem GZH anlässlich der Verhandlung zu unterlassen.

(Erschienen: 23.07.2009)