Bermatingen-Ahausen

 „Umfahrung verlagert Probleme“

Verkehr Kommunalpolitik

Auf immenses Interesse stieß die Infoveranstaltung der „Bürgerinitiative Bermatingen-Ahausen für ein umweltverträgliches Verkehrskonzept“ im Gasthaus Frieden: Rund 130 Gegner und Befürworter der geplanten Ortsumfahrung Bermatingen hörten sich die vielen Argumente gegen eine Umfahrung an und diskutierten engagiert.

Bermatingen-Ahausen – „Der gute Besuch zeugt von der Brisanz des Themas“, sagte Karsten Küpfer. Er zeigte Parallelen der Linienführung der Ortsumfahrung zur ehemals geplanten Bodenseeautobahn A 98 auf, die durch die Landesregierung aus ökologischen Gründen Anfang der 1980er Jahre verworfen wurde. „Niemand läuft mit demselben Kopf zweimal gegen die gleiche Wand – jetzt wird es zum dritten Mal gemacht“, sagte er und deutete auf die stets von Behörden verneinte Hinterlandtrasse aus den sieben verketteten Umfahrungen Rickenbach, Salem-Nord, Neufrach-Süd, Bermatingen, Markdorf-Süd, Kluftern und Friedrichshafen-West.

Mit Fotos, Montagen und Karten hatte die Bürgerinitiative den Verlauf der Straße plastisch dargestellt und die Dimensionen der damit verbundenen, landschaftsbeeinträchtigenden Brücken mit über fünf Metern Höhe sichtbar gemacht.

Uwe Gasch stellte den Trassenverlauf vor. Um zum Wertstoffhof zu gelangen, müsse man eine Schleife durch den gesamten Ort fahren, brachte er die Leute zum Lachen. Der Kreisverkehr werde so groß wie der in Neufrach. Der Rückbau der Straße durch Bermatingen werde dadurch behindert, dass die Schwerguttrasse (6,60 Meter Querschnitt, 80 Tonnen, 25 Meter lange Tieflader) im Ort bleiben soll.

Bob Jürgensmeyer: „In diesem Bereich werden 22 000 Kubikmeter mooriger Boden ausgetauscht. Sechs Prozent beträgt die Steigung auf der Fußgängerrampe nach Ahausen, das ist für ältere Radler zuviel.“ Er fürchtet, dass der Bermatinger Bach bei Hochwasser das Gebiet südlich der Straße überschwemmt und bei einer Havarie das Trinkwasser gefährdet ist. Die auf dem bis zu drei Meter hohen Damm geführte Straße verriegele Richtung Annenberg den so wichtigen Kaltluftabfluss. Das wirke sich negativ auf den Obstbau/Blüte aus. Jetzt hochfrequentierte Wege erhielten keinen Übergang und völlig bedeutungslose ein mächtiges Überführungsbauwerk, was südlich der Ortsumfahrung im Nichts lande.

Die Betroffenheit von Pächtern und Eigentümern verdeutlichte Landwirt Erhard Karrer. Umwege und reduzierte Fläche führen zu Zeit- und Einkommensverlusten, mit dem Straßenbau gehe eine Wertminderung der Immobilien und Wohnqualität einher. Die Verkäuflichkeit der nahe der Ortsumfahrung produzierten Produkte stehe vor immer schärferen Gesetzen, was Rückstände angeht. Auch das Kleinklima verändere sich und die Hanglage in Bermatingen werde verlärmt.

„Unser Lebensraum wird beeinträchtigt“, zählte Gasch die Bereiche Wasser, Boden, Klima, Tiere, Pflanzen, den Erholungsraum und das stark veränderte Landschaftsbild auf. Schützende Deckschichten würden abgetragen, die bisher freie Blickbeziehung Bermatingen-Ahausen zerstört. „Eine Ortsumfahrung löst keine Probleme, sie verlagert sie nur“, sagte Gasch.

Die Bemühungen der Planer bezüglich Ausgleichsflächen zweifelte der Biologe Heiner Bühler an. Aus feuchten Wiesen würden etwas feuchtere, kleine Maßnahmen wie Totholzinsel und Ackerrandstreifen stünden in keiner Beziehung zueinander. Er erkenne kein landschaftliches Entwicklungskonzept. „Ist eine solche Fläche überhaupt auszugleichen?“, fragte er und fürchtet die Gefährdung des Trinkwassers durch angekratzte Altlasten.

Zweifel an den Zahlen äußerte Bob Jürgensmeyer, der auf die vergeblichen Aufforderungen der Bürgerinitiative an die Gemeindeverwaltung verwies, die Anzahl der Pendler auszumachen, um bessere Voraussagen treffen zu können.

Jürgensmeyer prognostizierte mit der Ortsumfahrung eine Zunahme und Verlagerung des Verkehrs von der seenahen B 31 ins Hinterland und forderte Gegner wie Befürworter auf, beim Regierungspräsidium Tübingen Einwendungen und Anregungen gegen und zur Verbesserung der Trasse einzureichen.