Bermatingen

Nicht nur an Frösche, auch an Menschen denken

 

Harsche Kritik übten viele an der Gemeinde. „Ich konnte nicht mal die Ordner richtig anschauen“, schimpfte ein Teilnehmer der Informationsveranstaltung in Ahausen und dankte der Bürgerinitiative für ihre detaillierte Präsentation, die eigentlich Sache der Verwaltung gewesen wäre.

Die Schutzwürdigkeit der Landschaft hatte Schlagersänger Oliver Bürk beim Drehen eines Musikfilms erfahren: „Das ist ein Paradies. Unter dem Deckmantel Ortsumfahrung wird noch viel mehr passieren“, vermutete er. Als einer der Unglücklichen, die direkt an der Straße im Zentrum wohnen, schilderte Axel Daiber die schlimme Situation von 11 000 durchdonnernden Fahrzeugen. „Wir haben die Autos direkt vor der Tür, bei der Ortsumfahrung ist sie 700 Meter von der Bebauung entfernt.“ Bereits ab 3 Uhr morgens gehe der Lärm los. Die Mehrheit habe sich beim Bürgerentscheid für die Ortsumfahrung ausgesprochen, erinnerte er und kritisierte wie Franz Kutter das Auslegen standarisierter Einwendungen. Man solle nicht nur an Frösche, sondern auch an Menschen denken.

Karsten Küpfer zweifelte darauf die von der Firma Modus Consult prognostizierte Verkehrsentlastung von 73 Prozent an: „Das hat noch niemand mit einer Ortsumgehung geschafft!“ Die einzigen künftigen Nutzer seien die zwölf Prozent Pendler nach Friedrichshafen. Daiber zweifelte: „Sie operieren doch mit falschen Zahlen!“ Die einzige Chance, zu einer „echten“ Zahl zu kommen, gewährleiste eine Analyse der Pendler, wie Carola Mahler bemerkte. Darin waren sich im Saal alle einig.

Jakob Krimmel gab zu bedenken, dass man den Pendlerverkehr nach Friedrichshafen nur mit der Ortsumfahrung Markdorf wegbringe. „Erst Markdorf, dann Bermatingen“, forderte er. Ahausen werde durch Zubringerverkehr mit 2000 bis 3000 Fahrzeugen mehr belastet, sagte er und kritisierte unter dem Beifall der Anwesenden, dass bis heute keiner der Grundstückseigentümer direkt über das Planfeststellungsverfahren informiert worden sei.

„Wie bekommt man den Schwerverkehr aus dem Ort?“, fragte ein Mann. Eventuell durch ein Nachtfahrverbot wie in Heiligenberg und Geschwindigkeitsregulierung, mutmaßte Küpfer. „Die Hinterlandtrasse gibt es bereits, durch Bermatingen hindurch“, warf Alois Gohm ein, der diese immer zu verhindern suchte. Die nächsten 30 Jahre gebe es keine Bündelungsstraße: „Welche Alternativen haben Sie für Bermatingen?“ Zeit herauszuschinden sei kein Argument. Man müsse nun mal topographische Gegebenheiten anerkennen. Bermatingen liege zwischen Salem und Markdorf: „Wenn in Neufrach die Bahnunterführung kommt, fahren alle auf der Achse Richtung Ahausen, dann bekommen Sie ohne Ortsumfahrung mehr Verkehr.“

„Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten“, warnte Frieder Staerke von der Aktionsgemeinschaft Südumfahrung Markdorf vor zunehmendem Transit-Verkehr: „Warum ist ausgerechnet das kleine Bermatingen ins bevorzugte Impuls-Programm aufgenommen worden? Verfolgt das Land nicht andere Ziele?“, gab er zu bedenken und hielt Demographie, steigende Spritpreise, leisere Reifen und die Entwicklung von lautlosen Elektroantrieben gegen die Notwendigkeit einer Ortsumfahrung. Karl Jauch und Thomas Welte befanden die Planung für fehlerhaft und unreif, Bob Jürgensmeyer führte positive Beispiele dreispurigen Ausbaus zur Verkehrsentlastung an. Franz Kutter wetterte gegen die Aufforderungen zu Einwendungen. Christiane Keutner