Straßenplanung ist in
Ittendorf derzeit kein Thema. Das machte Landrat Wölfle bei der Mitgliederversammlung der
Interessengemeinschaft Vekehrsneuplanung in Ittendorf deutlich. Bevor ein Planfeststellungsverfahren
nicht Rechtskraft erlangt habe, mache das wenig Sinn. Außerdem sei bei weitem
nicht genug Geld vorhanden, um alle bereits planfestgestellten
Straßen zu bauen.
Markdorf – Der Stadtteil Ittendorf läuft bei der Realisierung der derzeitigen
Linienführung von Planungsfall 7.5, der Bündelungstrasse, Gefahr von Straßen
zerschnitten und umzingelt zu werden. Daher hat sich vor 14 Jahren die
Interessengemeinschaft Verkehrsneuplanung Ittendorf
gegründet. Ausbau vor Neubau lautet deren Devise mit Blick auf die am See
entlang führende B 31. Aber auch eine Verschiebung der geplanten
Bündelungstrasse, die nach derzeitigen Plänen rund 50 Meter südlich vom Anwesen
Braun-Wiedemann in Hundweiler verlaufen soll.
Im Rahmen der
Hauptversammlung, an der auch Vertreter des Gemeinderates, der Bürgerinitiative
Pro Kluftern und besorgte Bürger teilnahmen, sprach
Landrat Lothar Wölfle über Verkehrskonzepte im
Landkreis und die Planungsvariante 7.5. Nicht um Lösungen zu präsentieren, wie
er betonte, sondern um zu hören, zu lernen und mitzunehmen, sei er hier. Bis
heute gebe es keine Planungen, sondern nur Linienbestimmungen. Die Bevölkerung
im Kreis lebe von der Industrie, und die benötige funktionierende
Verkehrsverbindungen. Die Planfeststellung müsse rechtskräftig sein, um an Geld
zu gelangen, informierte Wölfle. Wann was passiere,
wisse jedoch niemand.
Die Ortsumfahrungen von Neufrach und Bermatingen als
Landesstraßen dürften jetzt geplant werden. Als Kreisstraßen könnten die Südumfahrung Markdorf und die Weiterführung in Kluftern innerhalb der kommenden vier Jahre planerisch
angegangen werden. In den Sternen stehe jedoch, wann das Land grünes Licht zur
Freigabe der Planungsmittel gebe. Es passiere derzeit nichts, weil der
Bundesrechnungshof keinen Sinn in einer derzeitigen Planung sehe. Zehn bis 15
Jahre, so Wölfle, werde es dauern das abzuarbeiten,
was jetzt rechtskräftig planfestgestellt sei. Und was
in den nächsten zehn Jahren an Planungen nicht abgearbeitet sei, komme in den
Reißwolf.
„Wir brauchen erst
Planungen und dann Geld“, sagte Wölfle. Aber Geld sei
nicht vorhanden. Vorher könne man sich nicht mit Planungen für Ittendorf befassen.
In Zahlen: Das Land erhält
190 Millionen für Straßenbau, es existieren laut Landrat jedoch rechtskräftige
Planfeststellungen für 2,5 Milliarden. Im Klartext: „Straßenplanung in Ittendorf ist derzeit kein Thema.“ Viele der heute
Anwesenden würden nicht mehr aktiv an den Planungen teilnehmen können, lautete
die düstere Prognose des Landrates.
Zu den Sorgen aufgrund der
bisherigen Linienführung, erklärte Wölfle, er kenne
etliche Planungen, die erheblich von der ursprünglichen Linienbestimmung
abgewichen seien. Man müsse den Fakten ins Gesicht sehen, so der Landrat. Es
mache keinen Sinn, wenn ein Häuslebauer sich die
Farbe der Ziegle überlegt, ohne zu wissen, ob er überhaupt bauen könne.
Bei der offiziellen
Versammlung hatte Dr. Fritz Käser darauf hingewiesen, 2008 sei eines der
ruhigsten Jahre gewesen. Wegis bezeichnete es als
richtig, sich mit 2000 Euro an dem von Pro Kluftern
in Auftrag gegebenen Verkehrsgutachten beteiligt zu haben.
Es war 1995, als die Ittendorfer erstmals gerüchteweise von Straßenplänen
hörten, die ihren Ort berühren könnten. Das führte rasch zur Gründung der
Interessengemeinschaft Verkehrsneuplanung Ittendorf.
Ziel war die Verhinderung der so genannten Bündelungstrasse, damals noch
Planungsfall 7 genannt. „Ausbau vor Neubau“ lautete die Devise. Die
Bundesstraße wurde faktisch schnell als vierspurig und somit mit
Autobahncharakter erkannt. Sorgen bereitete die Trassenführung mit einem großen
Schlenker in Richtung Norden, der den Ortsteil Reute von Ittendorf
abtrennen würde. Seither fühlt sich Ittendorf als
Opfer und von der Politik im Stich gelassen.
Die schlechte Nachricht
könnte für Ittendorf eine gute sein. Wenn das Land,
wie Landrat Wölfle gestern sagte, nur 190 Millionen
Euro für Straßenbau zur Verfügung hat, jedoch planfestgestellte
Straßen mit Baukosten von 2,5 Milliarden Euro auf ihre Realisierung warten,
kann es zehn bis 15 Jahre dauern, bis genaue Planung einen Sinn macht. Dann
folgt das Planfeststellungsverfahren, das bis zur Rechtskraft nochmals fünf
Jahre erfordert.
In dieser Zeit wird sich
für das von Landwirtschaft und Tourismus geprägte Dorf wenig ändern. Daher
macht es auch wenig Sinn, jetzt bereits über Feinplanungen nachzudenken. Die
Sorgen der Ittendorfer sind dennoch berechtigt. Denn
nach derzeitigem Stand tangiert eine autobahnähnliche Straße den Ort in
Sichtweite und trennt zudem den Ortsteil Reute ab. Eine intakte Gemeinde würde
auf kleinem Raum zerschnitten. Ittendorf verkäme zur
Verkehrsinsel. Doch wie Landrat Wölfle sagte: Die
genaue Planung werden die Mitglieder der Interessengemeinschaft
Verkehrsneuplanung vermutlich kaum noch aktiv begleiten. Also vorerst einmal
Entwarnung.
Die Kehrseite: So lange,
bis eine neue Straße gebaut werden kann, werden mit zunehmender Tendenz täglich
13 000 Fahrzeuge durch den Ort rollen.