Friedrichshafen

Peter Kienzle: „Wir müssen den Mittelstand stärken“

Vierter Teil der SÜDKURIER-Interviewreihe mit den Kandidaten für die OB-Wahl in Friedrichshafen: Der 42-jährige Peter Kienzle tritt bei der Oberbürgermeisterwahl am 22. März für die CDU an.

Der gebürtige Schwabe ist zwar schon seit über acht Jahren im westfälischen Minden politisch aktiv, trotzdem will er sich für den OB-Sessel im Rathaus bewerben. Für ihn sind die Realisierung des Verkehrsprojekts B 31, die Stärkung der Industrie und des Mittelstands sowie eine Belebung der Häfler Innenstadt besonders wichtige Themenfelder.

Welche Anstrengungen wollen Sie unternehmen, damit die B 31 endlich Realität wird?

Ich werde nicht locker lassen, mich um dieses Projekt zu kümmern, und möchte dafür sorgen, dass der Bundesverkehrsminister dieses Thema nicht vom Tisch kriegt, bis die Mittel zur Verfügung stehen, jedenfalls für die Fertigstellung der Planung und für die Vorbereitung der Ausschreibung. Da sind mir alle Mittel recht. Ich werde die Kontakte zur Landes- und Bundespolitik nutzen, die ich habe. Auch mit den Grundstückseigentümern, die klagen, werde ich nochmals in Verhandlungen treten. Ich meine, dass man nichts unversucht lassen darf, um die Kläger zu bewegen, ihre Klagen zurückzunehmen. Denn die Klagen sind letzten Endes der Grund, warum der Planfeststellungsbeschluss noch nicht bestandskräftig ist.

Warum glauben Sie, dass Sie das hinkriegen? 30 Jahre lang beschäftigt uns schon das Thema.

Ich bin unverbesserlicher Optimist und ich werde alles dafür tun.

Was sind die drei wichtigsten Dinge, die Sie als Oberbürgermeister in dieser Stadt angehen würden?

Die B 31 haben Sie schon angesprochen, das ist für mich Thema Nummer eins. Ein zweites Thema ist die Sicherung, der Erhalt und die Schaffung von neuen Arbeitsplätzen, denn die Arbeitsplätze sind die Lebensader der Stadt.

Das dritte wichtige Thema ist die Innenstadt-Entwicklung, insbesondere was den Einzelhandel und die Gastronomie anbelangt. Ich stelle mir vor, dass sich die Innenstadt städtebaulich zum See hin öffnet. Wir brauchen eine sehr lebendige Gastronomielandschaft, die auch die Event-Gastronomie beinhaltet. Beim Einzelhandel stelle ich mir insbesondere eine Ergänzung im Textil-Einzelhandel, aber auch Schreibwaren-, Lebensmittel-, Drogerie/Parfümerie- oder Obst- und Gemüsehandel vor.

Was könnten Sie in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten dazu beitragen, dass Arbeitsplätze geschaffen oder erhalten werden?

Für mich ist der entscheidende Faktor, neuen mittelständischen Betrieben zu ermöglichen, sich hier in Friedrichshafen anzusiedeln beziehungsweise dem ansässigen Mittelstand die Gelegenheit zu geben, sich hier zu erweitern. In der Vergangenheit ist es immer wieder geschehen, dass alteingesessene mittelständische Betriebe sich nicht erweitern konnten und in Nachbargemeinden abgewandert sind. Das kann sich die Stadt einfach nicht erlauben. Wir brauchen eine funktionierende Industrie – und die hat selbstverständlich meine volle Unterstützung -, aber wir brauchen genauso mittelständische Betriebe, um eine Diversifizierung der Unternehmenslandschaft zu erreichen. Dadurch werden wir konjunkturunabhängiger. Also: Wir müssen Gewerbeflächen schaffen, damit sich mittelständische Betriebe hier ansiedeln können.

Wie stehen Sie zum Thema Thermalbad – ein umstrittenes Thema, das die Stadt seit Jahren beschäftigt?

Da gibt es bis zum 30. April eine Situation, an die alle gebunden sind. Der Investor hat bis dahin Zeit, die Voraussetzungen nachzuweisen, dass er das Projekt realisieren kann. Schafft er das, dann kann er weitermachen und hat meine volle Unterstützung. Schafft er das nicht, dann sind wir wieder am Ausgangspunkt und dann wird es die Aufgabe eines neuen Oberbürgermeisters sein, gemeinsam mit der Bürgerschaft ein Projekt zu entwickeln. Und das will ich dann beteiligungsorientiert angehen. Ich möchte in Erfahrung bringen, ob das, was da konzipiert ist, von vielen der Bevölkerung mitgetragen wird. Und da will ich mir ein eigenes Bild verschaffen.

Das heißt, Sie betrachten das ganze Projekt eher mit Skepsis?

Das Projekt möchte ich nicht beurteilen. Es gibt eine Vertragslage, daran muss ich mich halten. Das Thema gibt es seit zehn Jahren, da kommt es auf ein halbes Jahr nicht mehr an. Sollte ich gewählt werden, dann will ich mir aber als Oberbürgermeister ein eigenes Bild verschaffen darüber, was gewünscht wird. Ich habe selber zwei Kinder und habe insofern durchaus Sympathie für ein Familienbad, ein sportorientiertes Bad, das allgemein und für bezahlbare Preise zugänglich ist.

Friedrichshafen wird ja stark als Industriestadt wahrgenommen. Was würden Sie machen, damit diese Stadt auch in den Bereichen Freizeit und Tourismus an Profil gewinnt?

Das kann man zunächst mal im Hinblick auf Freizeit zusammenfassen unter dem Stichwort Vitalisierung der Innenstadt. Man muss es schaffen, die Innenstadt zu beleben. Und das gilt insbesondere für die Abendstunden, das gilt für die Wochenendstunden – wir müssen es schaffen, mehr Leben in die Stadt zu bringen. Da muss man Freizeiträume schaffen, beispielsweise auch für die Studentinnen und Studenten. Die müssen sich hier aufhalten können und sich gerne aufhalten. Gleiches gilt für die Schülerinnen und Schüler, aber auch für alle anderen Einwohner und für Gäste Friedrichshafens. Dazu gehört beispielsweise ein attraktives gastronomisches Umfeld. Auch die Promenade muss erlebbar gemacht werden. Und die mindergenutzten Flächen, wie etwa der Hintere Hafen, könnten attraktiver gestaltet werden, damit man Leben in die Stadt holt. Außerdem möchte ich die Jugendarbeit und den Breitensport in Sportvereinen intensiv fördern – Friedrichshafen als „bewegte Stadt“: Das wäre mein Ziel.

Was den Tourismus betrifft, bespielen wir andere Felder als Städte wie Meersburg, die ein historisches Stadtbild haben. Hier kann Friedrichshafen andere Themenfelder besetzen. Die Touristen könnte man mit ergänzenden kulturellen Angeboten, einem vielseitigen Einzelhandel und einer attraktiven Promenade in die Stadt locken. Dabei denke ich auch an Paket-Angebote, die mit Besuchen in anderen Städten verbunden sind. Friedrichshafen muss und kann im Tourismus noch mehr als bisher mitmischen.

Wie viel Prozent werden Sie beim ersten Wahlgang erreichen?

Keine Ahnung. Ich werde oft gefragt: „Wie schätzen Sie Ihre Aussichten ein?“ Die Resonanz, die ich erhalte, ist fast zu hundert Prozent positiv. Aber hundert Prozent wird nicht das Wahlergebnis sein. Es kommt auf jede Stimme an.

Fragen: Kerstin Mommsen