Andreas Brand,
bisher Erster Bürgermeister in Böblingen, tritt bei der OB-Wahl am 22. März für
die Freien Wähler an. Im SÜDKURIER-Interview stellte
er sich den Fragen der Redaktion zu seinen politischen Zielsetzungen.
Welche Anstrengungen wollen Sie
unternehmen, damit die B31 endlich Realität wird?
Ich würde als Oberbürgermeister das tun, was in meiner Kraft und in meiner
Möglichkeit steht, die Stimme Friedrichshafens gegenüber Stuttgart und Berlin
zu erheben: Einstimmig in der Sache, diplomatisch im Geschick, beharrlich und
verbindlich im Ton. Ich will die Entscheidungsträger gewinnen und überzeugen.
Ich würde versuchen, konkret zu schauen, dass die Mittel für die baureife
Planung in den Bundeshaushalt 2010 aufgenommen werden, nachdem die B31 nicht
ins Konjunkturpaket II aufgenommen wurde. Dafür wird nicht allzu viel Zeit
bleiben, weil der Haushalt 2010 bis spätestens Jahresmitte aufgestellt wird.
Ich denke, allerdings, dass man dieses Ziel nur gemeinsam mit allen Beteiligten
erreichen kann. Ich würde mich dabei an der Spitze der Bewegung sehen.
Welche
Verbindungen hätten Sie, um in Stuttgart und Berlin Druck zu machen?
Erstens: die Abgeordneten aus dem Bodenseekreis in Stuttgart einheitlich für
die Sache einzuschwörenzu. Zweitens: Sowohl die
Ministerialebene in Stuttgart als auch die Gebietsreferenten im
Bundesverkehrsministerium direkt die Verantwortlichen ansprechen. Das sind
letztendlich diejenigen, die dem Minister oder Staatssekretärin Roth das
Projekt auf den Tisch legen. Drittens: Selber regelmäßig in Berlin und
Stuttgart das politische Parkett beackern.
Ganz konkret würde ich aber auch die Staatssekretärin und den Staatssekretär
einladen oder selbst zu ihnen hingehen. Ich würde Herrn Tiefensee oder Frau
Roth einladen, einmal nach Friedrichshafen zu kommen. Allerdings unter der
Bedingung, dass sie mit dem Auto fahren. Eine solche Einladung werden sie
natürlich ausschlagen.
Was sind die drei wichtigsten Dinge,
die Sie in dieser Stadt als Erstes angehen würden?
Ich möchte das Thema Wirtschafts- und Infrastrukturförderung zur Chefsache
machen. Wirtschaftsförderung gehört meiner Auffassung nach zu den Kernaufgaben
eines Oberbürgermeisters. Zweitens möchte ich einen Schwerpunkt auf das Thema
Bildung und Erziehung legen. Der Ausbau der Betreuung für unter Dreijährige und
das Thema Schule muss weiter vorangebracht und umgesetzt werden. Bildung und
Erziehung heißt für mich aber auch das Thema Erweiterung der
Zeppelin-Universität mit Blick auf das Gebiet Fallenbrunnen.
Drittens würde ich einiges am Ablauf, an der Bürgerbeteiligung aber auch der
Sitzungsökonomie ändern. Sollte ich gewählt werden, müsste ich schauen, ob die
Strukturen organisatorisch und personell so sind, wie ich es für richtig halte.
Ich denke, ein Oberbürgermeister muss einfach motivierte, gute Mitarbeiter um
sich herum haben. Und da möchte ich für mich die Möglichkeit haben, vielleicht
noch an der einen oder anderen Stelle etwas zu ändern. Ein Oberbürgermeister
braucht eine vernünftige Struktur und Organisation.
Wie
würden Sie dazu beitragen, dass hier auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten
Arbeitsplätze erhalten oder geschaffen werden?
Zum einen muß die Stadt verlässlicher Partner bei
Genehmigungen und Ansiedlungen sein. Zeitnah, klar und verbindlich schauen, wie
Projekte verwirklicht werden können. Unternehmen, ob Handwerk, Mittelstand,
Existenzgründer oder Großindustrie – allen will ich die Überzeugung vermitteln:
Sie sind willkommen in der Stadt!
Die Möglichkeiten der Stadtverwaltung sind natürlich sehr begrenzt. Aber die
Stadt kann Investitionen anschieben. Entgegen meinem eigentlichen Verständnis
als Finanzer, der das Sparen zum obersten Prinzip erklärt, meine ich, dass eine
Stadt in der jetzigen Situation im öffentlichen Bereich sinnvoll investieren
muss. Die Handwerker und die Firmen haben letztendlich nichts davon, wenn man
Investitionen aufschiebt, die als richtig erkannt wurden. Eine Stadt wie
Friedrichshafen muss auch in konjunkturschwachen Zeiten investieren. Denn die
öffentliche Nachfrage nach Hochbauten, Straßen oder Schulen darf nicht wegbrechen, sonst gäbe es noch ein weiteres Problem. Dafür
wäre ich als Oberbürgermeister auch bereit, Rücklagen oder zeitlich befristete
Kredite und Darlehen aufzunehmen. In guten Zeiten muß
ich dann aber auch die Darlehen abzahlen, das gehört für mich zu einer
antizyklischen Wirtschaftspolitik dazu. Das wäre mein konkreter Beitrag zum
Erhalt und zur Schaffung von Arbeitsplätzen.
Wie stehen Sie zum Thema Thermalbad?
Das Thema Thermalbad beziehungsweise der bestehende Vertrag mit dem Investor
Kurt Eicher bindet jeden Oberbürgermeister. Dieser geschlossene Vertrag regelt
gegenseitige Rechte und Pflichten. Meines Wissens ist Herr Eicher jetzt in der
Pflicht, zwei Dinge zu tun. Zum einen muss er den Bauantrag stellen und zum
anderen die Finanzierung nachweisen. Für mich weiß ich eines: Wenn diese
Unterlagen eingereicht werden, wenn Eicher sie beibringt, dann werde ich mit
spitzem Bleistift und wachem Auge darüber schauen. Entsprechen sie dann den
vertraglichen Anforderungen? Sind die Pläne qualitativ in Ordnung? Unabhängig
davon würde ich mich auch gerne mit Herrn Eicher unter vier Augen über dieses
Thema unterhalten. Ich hoffe, dass aus dieser bislang sehr langen, fast
unendlichen Geschichte eine Geschichte mit einer Entscheidung, mit einem Ende
wird.
Was würden Sie tun, um die Stadt für
die Menschen ein bisschen schöner und für Touristen attraktiver zu machen?
Ein Pfund, mit dem Friedrichshafen wuchern kann, ist das Thema der Museen. Wie
haben das Zeppelin-Museum, das Dornier-Museum kommt. Das Schulmuseum wird
erweitert oder neu organisiert. Perspektivisch könnte man über eine Erweiterung
des Zeppelin-Museums nachdenken. Dort gibt es ja noch verborgene Schätze!
Unsere beiden großen Unternehmen haben sicherlich in ihren Lagern noch
technische Stücke, die man vielleicht auch zeigen könnte. Damit könnte man
Technikgeschichte erlebbar machen. Ich denke, da ist noch ein großes Potenzial
hier in Friedrichshafen, das noch nicht ausgeschöpft ist. Es gibt aber auch
ganz konkrete und handfeste Dinge, die man in der Stadt schnell ändern könnte.
Ein Beispiel ist die Frage, wie empfängt die Stadt ihre Gäste? Der
Bahnhofsvorplatz ist meiner Meinung nach nicht gerade einladend. Auch die
Uferstraße vom Graf-Zeppelin-Haus bis zum Hafen ist mehr Pfützenstraße und
keine Flaniermeile. Dort könnte man an der einen oder anderen Stelle mit einer
einheitlichen Belags- und Oberflächengestaltung auch die Beziehung zum Wasser
noch stärker betonen. Ein weiteres Beispiel sind die vielen spröden Betonkübel,
die mit Blumen bepflanzt werden. Ich bin der Auffassung, dass man dort ganz
konkret die Gestaltung verbessern könnte.
Ein weiterer wichtiger Punkt in Sachen Tourismus wäre für mich, Friedrichshafen
noch bekannter zu machen als es schon ist. Wir müssen interessante Zielgruppen
für die Stadt gewinnen, das ist eine mühevolle Arbeit. Da ist man
beispielsweise auch auf Fachmessen angewiesen. Der Bereich Bus- und
Messetourismus könnte ausgebaut werden.
Ein weiteres wichtiges Anliegen ist mein Anspruch an Architektur und an
qualitativ hochwertigen Städtebau. Eine Stadt wie Friedrichshafen, die im
Zweiten Weltkrieg schwer zerstört wurde, muss sich städtebaulich an der Moderne
orientieren.
Wie viel Prozent werden Sie beim ersten
Wahlgang erreichen?
Es liegt in den Händen der Wähler, das Kreuz an der richtigen Stelle zu machen.
Ich hoffe natürlich auf möglichst viele Stimmen.