16.06.2008 02:00



Friedrichshafen

Verkehrs- statt Straßenplanung

Friedrichshafen (pms) Eine offensichtlich zwanghafte Neigung zum Straßenbau attestieren die Grünen vom Ortsverband Friedrichshafen den regionalen und kommunalen Verkehrsplanern. Mehr noch: in ihrer jüngsten Sitzung erörterten sie die aktuellen Straßenprobleme der Region unter dem Aspekt faktisch überflüssiger, aber dennoch real geplanter Straßenbauprojekte. Thematischer Brennpunkt hierbei: die B31neu, inklusive deren gebündelter Hinterland-Trasse aus verketteten Ortsumfahrungen. Matthias Klemm belegte anhand aktueller Verkehrsmessdaten, dass der vierspurige Planungsfall 7.5 dem zukünftig zu erwartenden Verkehrsaufkommen nicht angemessen sei. "Zu groß geplant", lautet das Grünen-Argument hierzu. Vierspurige Straßen zögen zwangsweise mehr Verkehr an, so Klemm weiter, hauptsächlich Lkws. Bei einem europaweit zu erwartenden Frachtzuwachs von rund 50 Prozent bis 2020 würde die "Orts-Entlastungs-Trasse" bald zu einer überlasteten Schwerlast-Transitstrecke mutieren. Autofahrer würden daraufhin doch wieder in die Ortsdurchfahrten ausweichen. Entlastungseffekt: Null. Anstatt unentwegt neue Straßenprojekte in die wertvolle Landschaft zu planen, sollten sich die Asphalt-Eiferer endlich wieder ihrer eigentlichen Verantwortung als Verkehrsplaner bewusst werden, sagte Klemm. Und dazu bedürfe es weitsichtiger, und vor allem regionsübergreifender Regulierungsmaßnahmen. Alternativ zum gegenwärtigen B31-Neubau-Plan bieten die Grünen ein eigenes Verkehrskonzept an. Das Grundprinzip: Ausbau vor Neubau. Neben den planerischen Aspekten zum Umwelt- und Klimaschutz erwarten die Grünen des Weiteren ein strukturelles Umdenken von den Entscheidungsträgern: mit Prioritäten weg von der Verkehrsführung, hin zur Verkehrsvermeidung.

Dazu stellte Peter Hecking "ganzheitliche Lösungsansätze" im Sinne des Tiefensee-Masterplans vor. Dieser beinhaltet den konsequenten Ausbau des ÖPNV-Netzes. Weitere Konzepte: eine BOB-Westerweiterung, S-Bahnsysteme, Schnellbusse, vermehrte Elektrifizierung im ÖPNV-Antrieb. Auch eine Maut für den Transitverkehr nennt Hecking als wirksame Lkw-Reduzierungsmaßnahme. Bob Jürgensmeyer aus Bermatingen warf den kommunalen Entscheidungsträgern Arroganz gegenüber betroffenen Bürgern vor sowie Verschleierung von wichtigen verkehrstechnischen Daten. Darüber hinaus werde verschwiegen wie der künftig potenziell steigende Erhaltungsaufwand für die neuen Straßen finanziert werden soll. Faktisch reiche das Geld nicht einmal für die bestehenden Straßen.