VON HELMAR
GRUPP
Im Streit um einen Verkauf von
Teilen des Firmengeländes für den Bau der Südumfahrung (wir berichteten) sieht
man bei Wagner die Stadt Markdorf am Zug. Wenn das Unternehmen seine
Erweiterungspläne nicht realisieren könne, werde es keine Einigung geben, sagte
Wagner-Chef Koch gestern
Markdorf - In der vorvergangenen Woche hatte sich Bürgermeister Bernd Gerber
im Gespräch mit dem SÜDKURIER noch überaus gelassen gezeigt (wir berichteten am
Donnerstag, 17. April). Er sehe überhaupt kein Problem, eine für beide Seiten
gütliche Lösung zu finden, hatte er gesagt. Beide Seiten, so Gerber, hätten nun
"Hausaufgaben" bekommen. Seien diese abgearbeitet, werde es eine
Einigung geben. Bei dem Streit geht es um einen Teil des Grundstücks der J.
Wagner GmbH zwischen der L205 und den jetzigen Gebäuden. Dort möchte das
Unternehmen einen Erweiterungsbau hochziehen. Die Stadt hingegen will Wagner
5100 Quadratmeter der Fläche entlang der L205 abkaufen, weil dort die künftige
Trasse der Südumfahrung realisiert werden soll.
Bei Wagner hingegen ist man
offenbar gänzlich anderer Ansicht als der Bürgermeister. Man versuche,
gemeinsam mit der Stadt eine Lösung zu finden, bestätigte
Wagner-Geschäftsführungsvorsitzender Thorsten Koch gestern am Rande der
Bilanzpressekonferenz. Doch das Unternehmen sei darauf angewiesen, seine
Erweiterungspläne umsetzen zu können. "Wenn das nicht der Fall ist, wird
es keine Einigung geben", stellte Koch unmissverständlich klar.
Das jüngste Angebot der
Stadt, die ihren Flächenbedarf von 6100 auf 5100 Quadratmeter
heruntergeschraubt hatte, könne das Unternehmen nicht akzeptieren. "5100
Quadratmeter, das hilft nicht", sagte Koch. Er sei zwar kompromissbereit,
sehe aber die Stadt am Zuge: "Jetzt muss zuerst die Stadt die Problematik
auflösen. Dann werden wir sehen, ob wir damit planen können." Koch
widersprach gestern Gerbers Darstellung, nach der beide Seiten nach dem letzten
Gespräch "Hausaufgaben" mitbekommen hätten: "Wir haben unsere
Hausaufgaben gemacht, indem wir das Grundstück gekauft haben und wachsen. Das
sind meine unternehmerischen Aufgaben."
Weder er noch das
Unternehmen würden sich gegen die geplante Südumfahrung stellen, sagte Koch.
Doch als Geschäftsführer sei er verpflichtet, das Vermögen des Unternehmens zu
sichern. Schließlich habe man beim Wegzug aus Friedrichshafen nicht zuletzt in
den Standort Markdorf investiert, um dort auch wachsen zu können. Für Koch steht
fest: Die T-Kreuzung für die geplante Umfahrung müsse deutlich näher an die
Bahnlinie versetzt werden. Somit könne es nur einen Kompromiss geben, der die
Pläne des Unternehmens berücksichtige. "Und das ist keine Frage des
Geldes, sondern eine Frage der Optionen", machte Koch deutlich.
Den weiteren Verhandlungen
kann der Wagner-Chef im Übrigen gelassen entgegen sehen: Unter Zeitdruck, eine
Lösung zu finden, steht die Stadt, denn die Pläne sollen spätestens Anfang Juni
beim Regierungspräsidium eingereicht werden.
VON HELMAR GRUPP
Bei Wagner haben die
Verantwortlichen rechtzeitig das Steuer herumgerissen: Aus dem Sorgenfall zu
Beginn des Jahrzehnts ist ein hochprofitables Unternehmen geworden, das selbst
die Stürme auf dem US-Markt weitgehend unbeschadet übersteht - und das bei einem
nach wie vor hohen US-Geschäftsanteil von 44 Prozent. Mit der Ausweitung der
Aktivitäten in Osteuropa und Asien setzen Wagner-Chef Koch und sein Team auf
die richtige Karte. So stehen also auch künftig die Zeichen auf Wachstum.
Dieses Signal sollte nicht zuletzt auch im Rathaus ankommen, wenn es um die
Einigung im Flächenstreit wegen der Südumfahrung geht: Wagners Expansionspläne
schaffen Arbeitsplätze und bringen Steuereinnahmen, die Südumfahrung nicht.