Überlingen/Salem

"Demokratie funktioniert anders als ein Vorstand"

Überlingen/Salem (shi/leb) Als ein "schlechtes Signal" für die Wirtschaftsregion Bodensee-Oberschwaben wertet die Industrie- und Handelskammer (IHK) den Ausgang des Bürgerentscheides in Salem gegen die Ansiedlung des MTU-Logistikzentrums. "Dadurch wurde eine große Chance vertan, Salem als zukunftsträchtigen Wirtschaftsstandort weiterzuentwickeln", heißt es in einer Erklärung von IHK-Hauptgeschäftsführer Helmut Schnell. Mit Sorge verfolge die IHK, dass Standortentscheidungen von wirtschaftlichen Zugpferden in der Region zunehmend am Widerstand von einigen Betroffenen und wirtschaftsfeindlichen Gruppen zu scheitern drohten. Schnell: "Wenn dieser Trend anhält, verliert die Region im Standortwettbewerb der Regionen an Wachstum und Wohlstand."

"Das ist schon ein problematisches Signal, wenn man einem Unternehmen wie der MTU keinen Platz einräumt", sagte Landtagsabgeordneter Ulrich Müller (CDU). Eine mögliche Ursache für die Ablehnung sieht Müller in dem Zeitdruck, unter den Salem gestellt wurde. Das könne schon dazu führen, dass sich der eine oder andere Bürger "überfahren" fühlt. "Dahinter steckt das generelle Problem, dass Unternehmen auf die Kommunalpolitik sehr spät, dann aber unter hohem Zeitdruck zukommen." Müller, früherer Hauptgeschäftsführer der der IHK: "Die Unternehmen müssen lernen, dass eine Demokratie anders funktioniert als ein Vorstand." Außerdem sollten sich die Firmen in den politischen Prozess aktiver einbringen und ihn nicht den Politikern überlassen.

"Für die MTU ist das natürlich ein harter Schlag", sagte SPD-Landtagsabgeordneter Norbert Zeller. Er hoffe, dass "möglichst schnell eine Kommune gefunden wird, die bereit ist, das Lager aufzunehmen". Es gehe um den Wirtschaftsstandort insgesamt und um den Arbeitgeber MTU. "Daran hängen tausende von Arbeitsplätzen." Als Ursache für die Ablehnung sieht Zeller "die Sorgen und Ängste der Bürger vor einem übermäßigen Verkehr". Das mache deutlich, dass die Verkehrsprobleme in der Region "riesengroß" seien. Für "unverantwortlich" hält er deshalb die Position der Landesregierung, "die nicht bereit ist, planerisch endlich die notwendigen Schritte für den Ausbau der B 31 zu unternehmen."

Den Bürgerentscheid hält FDP-Landtagsabgeordneter Hans-Peter Wetzel für einen "Sieg der Demokratie". Das Ergebnis wertet er gleichwohl als problematisch. "Wenn jede Gemeinde sagt, diesen Klotz will ich nicht haben, was passiert dann mit unserer Industrie?"