MTU-Gegner liegen ständig vorn

Es war ein denkbar knapper Ausgang, aber das "Nein" zu MTU in Salem ist fix: Mit einem Vorsprung von 81 Stimmen haben die Gegner des geplanten Logistikzentrums ihr Ziel erreicht. Damit endet eine monatelange Auseinandersetzung um die Ausrichtung Salems.

SALEM (sz) Salem, Sonntag, 17.45 Uhr: Vor dem "Prinz Max" sitzen vereinzelt Menschen auf Bänken, stehen zusammen und warten. Ab 18 Uhr sollen die Ergebnisse aus den 13 Wahlbezirken einlaufen. Die Stimmung ist angespannt, mit jeder Minute wird die Menschentraube größer. Keiner weiß, wie es ausgehen wird. Bekannt ist allerdings bereits, dass sich eine überdurchschnittlich hohe Wahlbeteiligung abzeichnet. "Wenn Markdorf sich früher immer so gegen Wirtschaft gesperrt hätte wie Salem es gerade tut, wäre Markdorf immer noch ein 4000-Einwohner-Dorf mit vielen Kühen", sagt eine Dame, die wohl bei "Ja" ihr Kreuzchen gemacht hat. MTU-Logistikleiter Bernd Baader war zuletzt im Januar in Neufrach im "Prinz Max", als auf der Informationsveranstaltung von Bürgermeister Härle die Emotionen hochkochten. Heute dürfte Baader angespannter sein. Pressesprecher Wolfgang Boller und er tun das, was sie in den vergangenen Wochen so oft tun mussten: Sie warten ab.

Kurz nach 18 Uhr strömen die Menschen in die Halle. Hastig werden noch Salem-Banner neben die riesige Leinwand gehängt, auf der in wenigen Minuten Balkendiagramme, Zahlen und Prozentwerte flimmern werden. Vor knapp einer Stunde ging hier erst der Flohmarkt zu Ende. Als das erste Wahlergebnis aus Rickenbach erscheint, dringen Jubelrufe aus den Reihen der rund 300 Menschen, die live miterleben wollen, wie Salem abgestimmt hat: Der rote Balken, der die "Nein"-Stimmen zeigt, ist höher als der grüne. Gebannt sehen die Menschen auf die Leinwand und warten auf die nächsten Zahlen. Bis das Endergebnis auftaucht, wird immer wieder gejohlt, die Gegner liegen die ganze Zeit über vorne, manchmal schmilzt der Abstand etwas zusammen.

Nach gut einer Dreiviertel Stunde steht das Ergebnis fest - und es ist denkbar knapp: 50,7 Prozent der Stimmen sagen "Nein" zum Logistikzentrum, 49,3 Prozent sagen "Ja". Jubel brandet auf, ein bisschen wie beim "Public Viewing" während der WM. Während die einen sich in den Armen liegen und den Sieg feiern, der auch ein Sieg der Bürgerinitiative ist, frieren bei den engagierten Befürwortern die Gesichtszüge fest, die Minen verdüstern sich. Es gilt zwar, demokratische Spielregeln zu wahren, doch mancher dürfte in diesem Moment gar undemokratische Gedanken haben.

Mit dem Bürgerentscheid zu Ungunsten des Friedrichshafener Motorenbauers endet in Salem eine monatelange Auseinandersetzung, in der es zur Genüge auch unschöne Momente und demokratisches Foulspiel gegeben hat. Der Bürgerentscheid gelte wie ein endgültiger Gemeinderatsbeschluss, sagt Bürgermeister Manfred Härle, der das Ergebnis verkündet. Für ihn ist das "Nein" eine Niederlage. Nun müsse man Schlüsse für die künftige Gewerbeansiedlung ziehen, sagt Härle.

SPD-Gemeinderat Arnim Eglauer, von Anfang an vehementer Verfechter der MTU-Ansiedlung, sagt: "Das ist nicht das Ende von Salem, aber ich hätte mir ein deutlicheres Ergebnis gewünscht." Das sieht die MTU-Abordnung ähnlich: "Wir wären gerne nach Salem gekommen, das war unser Plan A. Jetzt werden wir die Alternativpläne reaktivieren", sagt Wolfgang Boller. Die heißen unter anderem Wangen oder Stockach.