Enttäuschung herrschte gestern im Kreistag über die
unkonkreten Aussagen von Regierungspräsident Hermann Strampfer
zum Bundesstraßenbau am Bodensee. Den Planfeststellungsbeschluss für die
B-31-Umgehung Friedrichshafen erwartet er bis Ende 2007, den
für das B-31-Stück Überlingen-West/ Überlingen-Ost erst Mitte 2008. Möglich
seien Überholspuren zwischen Lindau und Kressbronn.
Bodenseekreis
- Dass mit dem Straßenbau nichts vorangeht, lastet der Regierungspräsident
seiner Behörde nicht an. Weil die Bundesstraßen an die Stelle der fallen
gelassenen Autobahnen träten, sei auch der Bund in der Verantwortung. Einen
Planungsstau beim Regierungspräsidium Tübingen gebe es nicht. Vielmehr
entfielen 25 Prozent des Fünf-Jahres-Plans der Landesregierung auf den
Regierungsbezirk. Doch der Plan sei zweieinhalbfach
überzeichnet.
Strampfer machte ausdrücklich keine Versprechungen - auch nicht zum
Baubeginn der Friedrichshafener Umgehung. Die
Bedenken der Klufterner Bürger, die sich gegen den
Anschluss Spaltenstein wenden, würden Ernst genommen und im Verfahren
abgewogen. Die Straßenplaner arbeiteten "mit Sorgfalt", versicherte
er, damit die Planfeststellungsbeschlüsse rechtssicher seien und Bestandskraft
erhielten. Doch die, so entgegnete ihm SPD-Fraktionsvorsitzender Norbert
Zeller, dürfe nicht dazu führen, dass man 17 Jahre auf einen
Planfeststellungsbeschluss warte.
Damit
die Bundesregierung Geld zur Verfügung stelle, sei Einigkeit in der Region
nötig, so Strampfer. Die vermisst er offenbar. Strampfer versicherte: "Wir sind ganz auf Ihrer
Seite."
Einigkeit
zeigten die Vorsitzenden der großen Kreistagsfraktionen, die sich von Strampfer mehr erwartet hatten. "Wir sind der
Landkreis mit den größten Straßenproblemen im Land", sagte
CDU-Fraktionsvorsitzender Dieter Hornung. "Der Zustand hier ist so nicht
mehr haltbar." Er machte darauf aufmerksam, dass die dreispurige B31 vor
Überlingen "fast in einen Feldweg mündet". Bessere
Verkehrsanbindungen seien nicht nur nötig, damit die Bürger schneller zum
Beispiel nach Lindau und zurück kommen, sondern wichtig, damit die Regionen des
Bodenseeraums besser zusammenwachsen können, so Hornung. Ansonsten sehe er
Infrastruktureinrichtungen wie die Messe oder den Flughafen gefährdet. Er
schlägt vor, dass Strampfer die betroffenen Städte
und Gemeinden an einen Tisch bringt, um Kompromisse zu suchen. Den Kompromiss
will FW-Fraktionsvorsitzender Bernd Gerber dagegen
erst einmal im kleinen Kreis suchen. Er sehe "derzeit vieles in
Bewegung".
"Ein
bisschen mehr Verbindlichkeit hätten wir uns schon gewünscht", so Norbert
Zeller (SPD), der erneut eine Prioritätenliste des Landes zum Straßenbau
forderte. Keine Hoffnungen machte Strampfer für
Zellers Forderung zu einer Lkw-Maut für die B31, um beispielsweise Sipplingen
vor dem Schwerverkehr zu schützen. Eine Priorisierung,
so Strampfer, sei derzeit nicht möglich, wenn man
seriös bleiben wolle. Gäbe es eine Prioritätenliste, "wäre das eine oder
andere schon möglich", räumte dagegen Hartmut Kopp ein, Straßenplaner-Chef
des Regierungspräsidiums. Intern gibt es eine Hitliste. Dort stehen aber die
B27 bei Dußlingen, die Ortsumfahrungen von
Herbertingen (Kreis Sigmaringen) und Reutlingen sowie der B-30-Abschnitt
Ravensburg-Süd vor den Umgehungen von Friedrichshafen und Überlingen.
Hans-Peter Wetzel (FDP), als Landtagsabgeordneter in einer Regierungsfraktion,
sagte: "Wenn Bundes- oder Landespolitiker in den Bodenseekreis kommen, loben
sie ihn über den grünen Klee. Wenn es um Straßenbau geht, vergessen sie
ihn."
Das
Argument mangelnder Einigkeit ließ Landrat Siegfried Tann in seiner letzten
Kreistagssitzung nicht mehr gelten: "Wir werden nicht die letzte kleine
Kommune und den letzten Bürger hinter uns bringen. Dazu haben wir eine
Regierung, die sagt: So wird gebaut." Man solle den Straßenbau in
Ostdeutschland mit dem im Westen vergleichen. Tann: "Wir haben einiges an
Nachholbedarf im Westen der Republik."