Umweltschützer
packt beim Anblick des Flurstücks 518 zwischen Efrizweiler
und Riedern das blanke Entsetzen: Die als Stadtbiotop
kartierte Streuobstwiese gleicht einem Schlachtfeld. 100 alte Bäume wurden nach
einer Tauschaktion zwischen einem Biobauern und der Stadt im Vorfeld des
B-31-Umgehungsbaus gefällt.
Friedrichshafen-Kluftern - Thomas Wurst aus Riedern und seinen Nachbarn bot sich ein Bild der
Verwüstung: Der gesamte Hochstammgarten westlich von Efrizweiler
in Richtung der Siedlung "Haus am Wald", der vorwiegend aus 50 Jahre
alten Apfelbäumen bestand, war abgeholzt - und keiner von ihnen wusste warum.
Der Grund für die
Fällaktion: Bruno Brugger, Biobauer aus dem
benachbarten Spaltenstein, hat vom städtischen Amt für Vermessung und Liegenschaften
(AVL) im Zuge einer Tauschaktion, die Zusage bekommen, das Grundstück künftig
bewirtschaften zu können. Der Hintergrund: Bruggers
eigene Ländereien auf der Gemarkung Fischbach werden für den Bau der künftigen
B31-Umgehung gebraucht. "Dann machte mir die Stadt das Angebot, dass ich
dafür die Streuobstwiese in Efrizweiler bekomme. Da
mein Betrieb existenzgefährdet ist, habe ich zugestimmt", sagt der
Biobauer. Die Obstbäume seien zu 60 Prozent morsch gewesen. Eine
wirtschaftliche Nutzung dieser Fläche sei unmöglich gewesen, so Brugger.
Tatsächlich hat die Stadt
Friedrichshafen dem Biobauern zugestanden, die Obstbäume zu roden. "Es
gibt keinen Anlass zur Sorge, die Stadt war voll informiert", erklärt
Friederike Voß, Pressesprecherin der Stadt. Natürlich
sei es ein "Dilemma", räumt Voß ein, aber
die Stadt stehe unter "Flächendruck" und müsse den Bauern
Tauschflächen anbieten können.
Doch die Fällaktion bietet
weit mehr Zündstoff. Zum einen ist das insgesamt neun Hektar große Flurstück,
auf dem die Hochstämme standen, als Stadtbiotop kartiert und gilt deshalb als
besonders schützenswert. Zweitens sollen nicht alle städtischen Ämter, die das
angeht, informiert sein. Zwar waren Erster Bürgermeister Dieter Hornung und das
AVL im Bilde. Wer nichts von der geplanten Rodung gewusst haben soll, war das
Amt für Umwelt- und Naturschutz, dessen Mitarbeiter nach Informationen des
SÜDKURIERS über das Vorgehen höchst empört sind. "Wir haben uns, als der
Flächennutzungsplan erstellt wurde, mit den Stadtbiotopen abspeisen lassen,
jetzt kommt raus, dass die Kartierung überhaupt nichts wert ist", sagte
ein Mitarbeiter dem SÜDKURIER. Es sei eine der größten Fällaktionen seit Jahren
gewesen. Das Baudezernat habe es nicht für nötig gehalten, den Klufterner Ortsvorsteher Clifford Ashbar
und das Umweltamt zu informieren. Die Mitarbeiter haben Angst um ihre
Glaubwürdigkeit.
Dabei geht es bei der
Fällaktion nicht nur um alte Obstbäume. "Das Biotop war Schutzraum für
viele geschützte Tiere", erklärt Gerhard Schwaderer
vom BUND-Ortsverband Kluftern. Spechte, Eulen, Igel,
Feldhasen und Insektenarten müssten unter der Rodung leiden. Ein Großteil der
Bäume sei gesund gewesen sei - nicht marode, wie Brugger
behaupte. Schwaderer und andere Umweltschützer fragen
sich nun: Gab es keine andere Tauschfläche, die man dem Biobauern anbieten
hätte können?
"Im Vorfeld wurden
Bodenmessungen durchgeführt. Ich brauche für meinen Bioanbau hochwertigen
Boden, der nicht mit Pestiziden verseucht ist", erklärt Brugger. Die Messungen haben ergeben, dass die Streuobstwiese
ideal für den Anbau sei. Nach Informationen des SÜDKURIER habe man den
ehemaligen Gegner der B31 allerdings mit einem besonders fruchtbaren und
unbelasteten "Filetstück" ruhig stellen wollen, in der Hoffnung, dass
andere Bauern mitziehen. Die Umweltschützer fürchten, dass noch viele
Streuobstwiesen der B31 zum Opfer fallen werden.