Friedrichshafen

 

Rolf Schilpp: "Wir geben keine Ruhe"

FRIEDRICHSHAFEN - "Viel zu wenig", so eine Teilnehmerin enttäuscht, haben am Samstag für die Umfahrung der B 31 demonstriert. Nach Angaben der Polizei 700 Personen waren es letztlich am Kundgebungsplatz im Westend, wohin zuvor über 500 den Protest-Transparenten, Traktoren und einem Zeppelin-Radlader gefolgt waren.

Von unserem Redakteur Siegfried Großkopf

Dennoch: Auch wenn das Bündnis "Pro B 31 FN-West Jetzt" den Anspruch von 1000 Demonstranten nicht ganz erreicht haben sollte: Eine gelungene Veranstaltung war die Stillegung der B 31 für mehrere Stunden allemal. Unter den Mitmarschierern hatte der ehemalige OB, Landrat und Wirtschaftsminister Martin Herzog (aus Namibia) die weiteste Anreise. Eigens aus München war der Vorsitzende der Geschäftsführung der Zeppelin GmbH, Ernst Susanek, angereist. Der Zeppelin-Chef geißelte die Verkehrsverhältnisse als eine Zumutung für Mitarbeiter und Unternehmen, die vor dem Hintergrund von Just in Time auf eine adäquate Verkehrsinfrastruktur dringend angewiesen seien. Er bezeichnete die neue Straße als existenziell ungemein wichtig: "Wir brauchen die Umgehung jetzt", forderte er dazu auf, alles zu tun, "damit in Berlin grünes Licht gegeben wird". Unter großem Beifall sagte er in Fischbach, "die Zeppelin-Maschinen stehen bereit, Sie können morgen anfangen."

Auf dem Podium vor der Firma Bäzner hatte unter der Moderation von SZ-Redakteur Martin Hennings zuvor Bündnis-Sprecher Rolf Schilpp angekündigt, "wir werden keine Ruhe geben, bis zum ersten Spatenstich", und OB Josef Büchelmeier sah durch die Teilnahme der Demonstranten (die Veranstalter gehen von etwa 1000 auf) unterstrichen, dass sich die Bürger massiv für den baldigen Bau des nächsten Teilstücks einsetzen. "Unterstützen Sie uns, geben Sie nicht auf", rief er in die Menge, denn: "Wir brauchen die Einigkeit aller Bürger." Erster Bürgermeister Dieter Hornung forderte Bund und Land auf, endlich Aussagen über den Zeitplan zu machen. Er erwartet den Planfeststellungsbeschluss im ersten Halbjahr 2007 und den Baubeginn 2008! "30 Jahre Planung und Diskussion sind genug", appellierte Hornung an die Verantwortlichen: "Unsere Geduld ist am Ende." Die Stadt und ihre Bürger "leiden seit Jahrzehnten unter bis zu 40 000 Kraftfahrzeugen pro Tag mit entsprechendem Lärm, Gestank und Gefahren".

Appell an die Klufterner

Daran erinnerte auch Wilhelm Pfeffer als Fischbacher Betroffener. Über 30-jähriges Warten, Hoffen und Bangen müsse ein Ende finden. Pfeffer fordert die B 31 jetzt "ohne Wenn und Aber". Die "lieben Klufterner" bat er um Verständnis. Die jetzige Planung sei keine Verlagerung der Probleme. "Bitte helfen Sie mit, dass die Belastungen aufhören, ziehen Sie Ihre Einsprüche zurück", rief er den Klufternern unter Beifall zu, um Graf Zeppelin zu bemühen mit dessen Zuspruch: "Man muss nur wollen und daran glauben, dann wird es gelingen." Messe-Geschäftsführer Jürgen Schmid forderte gemeinsame Anstrengungen. Es wäre schade, würde die Messe, die sich inzwischen auf eine "tolle Infrastruktur" stützen könne, wegen der völlig unzureichenden Straßenverhältnisse im Wettbewerb verliere. Auch der stellvertretende IHK-Präsident Grieshaber mahnte zu einem schnellen Baubeginn.

Bis nach 15 Uhr war die B 31 in Höhe der Firma Bäzner Festplatz. Die Firma Klink-Eberhard sorgte dafür, dass niemand hungern musste, von der SZ gab"s Stehtische, Sonnenschirme, die Zeitung und das notwendige "Werkzeug", um für die Umgehung zu klappern. Den Zeppelinflug gewann ausgerechnet der frühere Dornianer Alfred Küchle, Sohn des Alt-Zeppeliner Michael Dicht angestanden wurde an den ausgehängten Straßenplänen, während sich die Pop-Band von St. Elisabeth, die Abi-Band des GZG und "Straight Curve" aus Freiburg in der musikalischen Unterhaltung abwechselten. Die Sparkasse hatte eine Hüpfburg aufgestellt, Karl Felix von der "Traube" zur Kutschfahrt eingeladen und die Straßenbesetzer genossen Kunstrad-Vorführungen und Eisstockschießen auf dem Asphalt einer der meistbefahrensten Straßen Deutschlands.

Rolf Schilpp, der mit Heinz Schaack die Bündnis-Mitstreiter anführt, zeigte sich gestern zufrieden mit dem Verlauf, auch wenn es einige Teilnehmer mehr hätten sein dürfen. Das Bündnis will am Ball bleiben und für das nächste Mal auch die "Resignierenden" wecken. Dank sagte er der Polizei für die hervorragende Begleitung.

Kommentar

Alt-OB Martin Herzog (ganz links) marschiert ebenso mit wie Bürgermeister Peter Hauswald (rechts daneben). Den Traktor lenkt Landtagsabgeordneter Hans-Peter Wetzel, das Transparent stemmen einträchtig Norbert Fröhlich (CDU) und Roland Frank (SPD). Im Rollstuhl ist Stadträtin Gerlinde Ames, daneben Stadtrat Dieter Stauber mit Schild.}

Auf dem Podium (von links) der Fischbacher Wilhelm Pfeffer, Zeppelin-Chef Ernst Susanek, Erster Bürgermeister Dieter Hornung, SZ-Redakteur Martin Hennings und OB Josef Büchelmeier. Fotos: Felix Kästle}

Kinder klappern mit Hilfe der SZ für eine Entlastung vom Verkehr.}

 

 


Rolf Schilpp will weitermachen und jetzt die aufwecken, die sich am Samstag nicht beteiligt haben.} Das befürchtete Verkehrschaos ist ausgeblieben

FRIEDRICHSHAFEN - Das befürchtete Verkehrschaos auf der B31 und der Umleitungsstrecke ist ausgeblieben. Vier Kilometer zäh fließender Verkehr aus Richtung Lindau und eine fünf Kilometer lange Autoschlange aus Richtung Überlingen. Das war"s. Die Polizei hat sich auf Schlimmeres eingestellt.

Von unserem Redakteur Anton Fuchsloch

Eine Bundesstraße, auf der nach Angaben des Ersten Bürgermeisters Dieter Hornung in Spitzenzeiten bis zu 40  000 Fahrzeuge täglich fahren, an einem Samstag für sechs Stunden (von 10 bis 16 Uhr) zu sperren, ist kein Pappenstiel. Jürgen Renz, der Leiter des Friedrichshafener Polizeireviers, hat zwar kein Chaos wie bei der Tuning-World vor vier Monaten erwartet, aber dass alles glatt laufen würde, war nicht abzusehen. Schließlich haben gerade in Bayern die Ferien begonnen, und samstags zieht"s doch den einen oder anderen an den See. Die Polizei hat deshalb die Verkehrsüberwachung verstärkt: Beamte mit Motorrädern wurden auf die Umleitungsstrecke geschickt, und der Polizeihubschrauber überwachte das Verkehrsgeschehen aus der Luft. Der Verkehrsfunk sei ständig auf dem Laufenden gehalten worden, sagte gestern ein Polizeisprecher. Ob diese Warnmeldungen ausschlaggebend waren? Kann sein. Vielleicht hat auch das anfangs miese Wetter eine Rolle gespielt. Viele, die einen Ausflug geplant hatten, blieben daheim.

Alternative Bauerntrasse

Die Manzeller, die Schnetzenhausener, die Spaltensteiner, die Efrizweiler und die Kluftinger hatten an den Folgen der B 31-Demo keine Freude. Mehr als sechs Stunden quälten sich die Autoschlangen durch die Ortschaften. Zu Fuß kam man gerade noch über die Straße, weil der Verkehr immer wieder stockte. Doch wer nur mal schnell mit seinem Auto was besorgen wollte, brauchte viel Geduld.

Die Bürgerinitiative für vernünftige Verkehrsplanung, deren Mitglieder im Wesentlichen aus den oben genannten Ortschaften kommen, nutzte die Demo, um mit Flugblättern auf ihre Ziele aufmerksam zu machen. 40 Hektar Land würden durch den Bau der neuen Bundesstraße zerstört, teilten sie mit. Vier Bauernhöfe wären nicht mehr existenzfähig. Die von ihnen propagierte "Bauerntrasse" wäre billiger und schneller zu realisieren, argumentierten sie und zeigten mit Luftbildern, wie"s geht. }

Ob"s nun 700 oder wohlwollend gezählt 1000 waren. Für ein Projekt, das derart betrifft, hätten mehr auf die Straße gehen müssen. Ein machtvolles Zeugnis von Bürgerzorn hat Friedrichshafen am Samstag nicht gerade abgegeben. Denen, die dabei waren, hat"s (dennoch) sogar Spaß gemacht.

 

 

Ein bisschen mehr hätten"s sein dürfen

Von Siegfried Großkopf

Als die Anwohnerin aus dem Oberhof beim Anblick des allzu bescheidenen Demonstranten-Häufleins am Landratsamt konstatierte, das seien "viel zu wenig", konnte ihr nur zugestimmt werden. Unterwegs sollte die Demonstranten-Front zwar Zuwachs erhalten, und mit den in Fischbach Wartenden durfte man sich dann fast sehen lassen, dennoch: Die Endlos-Geschichte B 31 hat mehr Protest verdient. Zu hoffen ist, dass die über den Straßenbau Entscheidenden daraus nicht die falschen Schlüsse ziehen. Der Zorn ist anhaltend groß, wie groß, kann an den erschreckend niedrigen Beteiligungen bei diversen Wahlen abgelesen werden. In den vielen Jahren des Ringens um Verkehrsentlastung hat sich in der Bevölkerung Resignation breit gemacht, weshalb Aktionen wie Demonstrationen keine Chance eingeräumt werden und man zu Hause bleibt. Diese Demo war gleichwohl eine gute Sache und sie muss erst ein Anfang gewesen sein. Solche Besetzungen werden beachtet, in Tübingen, Stuttgart, Bonn und Berlin. Der Druck muss deshalb anhalten und weiter auch von der Straße kommen. }

"B 31 Neu, nicht nur reden!" Genau so wünscht man sich das in der Region. Sie war eine der Jüngsten auf der Demonstration für eine bessere Straßen-Zukunft.

 (Stand: 31.07.2006 00:15)