31.07.2006
05:15
Friedrichshafen - 1000
Menschen gingen am Samstag in Friedrichshafen auf die Straße, um für einen
schnellstmöglichen Weiterbau der B31-Umgehung im Westen der Stadt zu
demonstrieren. Sie waren einem Aufruf des Bündnisses "Pro B31"
gefolgt, das vor einem Jahr von zwei ehemaligen Stadträten ins Leben gerufen
wurde. Mittlerweile gehören ihm alle im Gemeinderat der Stadt vertretenen
Parteien und Wählervereinigungen - bis auf Bündnis 90/Die Grünen - an.
Gemeinsames Ziel ist es,
im Schulterschluss der Kommunalpolitik auf Landes- und Bundesebene Druck zu
machen, um endlich einen Planfeststellungsbeschluss für die zudem noch
umstrittene Trasse und danach auch das nötige Geld für den Bau zu bekommen.
Der Aufmarsch samt einer
Kundgebung mitten auf der gesperrten Bundesstraße im vom Verkehr besonders
stark geplagten Teilort Fischbach soll in Stuttgart, Tübingen und Berlin als
Zeichen verstanden werden, dass die Bürger nicht länger bereit sind, tatenlos
zu warten. "Wir werden keine Ruhe geben bis zum ersten Spatenstich",
sagte Rolf Schilpp, einer der Initiatoren von
"Pro B 31".
Friedrichshafen wartet
seit über 35 Jahren auf die Umgehung. Derzeit endet der Torso mitten in der
Stadt. Zuletzt seit 1999 wartet man allerdings auf den
Planfeststellungsbeschluss für die geplante Westumfahrung
des Ortsteils Fischbach, der aber nicht nur von den Anwohnern herbei gesehnt
wird. Das Bündnis "Pro B 31" wird von Friedrichshafener
Großbetrieben wie der ZF AG, der MTU sowie dem Zeppelin-Konzern, aber auch der
Messe Friedrichshafen unterstützt - nicht zuletzt, weil die Unternehmen
Standort- und Wettbewerbsnachteile fürchten, wenn weiterhin Jahre ins Land
gehen, bis die Entlastungsstraße gebaut ist. Schützenhilfe kommt ferner von der
IHK Bodensee-Oberschwaben und der regionalen Wirtschaftsförderung.
Täglich rollen bis zu
40000 Fahrzeuge mit einem hohen Anteil an Schwerverkehr durch die
Zeppelinstadt. So droht vor allem in der Urlaubszeit regelmäßig der
Verkehrskollaps. Die Polizei sprach am Samstag von "glücklichen
Umständen", dass wetterbedingt kaum Tagesausflügler an den Bodensee
strebten. Die B31 war wegen der Demonstration von der Stadtmitte bis zum
westlichen Ortsausgang für sechs Stunden gesperrt. In der Folge hatte sich der
Verkehr stadtein- wie -auswärts in Spitzenzeiten bis
zu sechs Kilometer gestaut.
Der aktuelle Stand der
Dinge verspricht einen Planfeststellungsbeschluss für die B 31-Westumgehung
Friedrichshafen für das erste Halbjahr 2007. Derzeit arbeitet das
Regierungspräsidium Tübingen die rund 1800 Einwendungen gegen das Planwerk ab.
Auch wenn nach Aussage des CDU-Landtagsabgeordneten aus dem Bodenseekreis,
Ulrich Müller, der Weiterbau der Bundesstraße in den Fünf-Jahres-Plan des
Landes bis 2010 aufgenommen sei, hänge die tatsächliche Freigabe der Mittel
doch vom Bundesverkehrsministerium.
In der
Straßenbau-Prioritätenliste des Landes rangiert die B 31-Westumfahrung ziemlich
weit vorn. Doch gibt es eine ganze Reihe von "Konkurrenzprojekten" -
und zahlreiche Straßen, die längst planfestgestellt,
aber noch lange nicht gebaut sind.
31.07.2006
05:15
Es tröpfelte vom Himmel,
als Rolf Schilpp kurz vor Beginn der Demonstration
vor dem riesigen Radlader die Banner richtete. "Die Temperatur ist ideal,
aber der Regen gefällt mir noch nicht", grantelte
der Mitinitiator des Bündnisses "Pro B31". Die Schar der Menschen,
die sich am Landratsamt versammelt hatte, war gut zu überblicken. Nicht mal 300
- darunter fast der gesamte Gemeinderat - waren es, die sich kurz vor elf Uhr
am Samstag auf den Protestmarsch nach Fischbach begaben. Auch der
Zeppelin-Konzernchef Ernst Susanek machte ein langes
Gesicht: Warum nur bekommt man bei diesem Thema nicht massenweise Menschen auf
die Straße?
"FN wehrt sich"
stand auf dem Banner, hinter dem sich die Demonstrationsteilnehmer eingereiht
hatten. Ganz vorn fuhr ein Radlader, Oberbürgermeister Büchelmeier
und Erster Bürgermeister Hornung oben drauf. Gemächlich schob sich der Zug über
die regennasse B31. Je näher man Fischbach kam, umso mehr Menschen standen am
Straßenrand. Einige reihten sich ein, andere blieben skeptisch. "Schön
wär's, wenn es was nutzen würde", sagte ein Herr, und ging zurück ins
Haus.
Aber es wurden immer mehr,
so dass der Demonstrationszug am Veranstaltungsplatz in Fischbach eine
stattliche Größe hatte. Hier warteten schon mehr als 100 Menschen, die sich
bereits auf den Bierbänken niedergelassen hatten. Volksfeststimmung herrschte,
als Rolf Schilpp das Mikrofon in die Hand nahm. Er
bedankte sich bei "2000 Teilnehmern" an dieser Demonstration, was in
Stuttgart, Tübingen und Berlin wohl "eindrucksvoll zur Kenntnis genommen
werden muss". Nun, die Polizei spricht von rund 700. Um die 1000 dürften
es aber schon gewesen sein...
Rolf Schilpp
ließ wie die anderen Redner auf dem Podium keinen Zweifel daran, dass dieser
vorläufige Höhepunkt nicht der letzte sein wird, um Druck für den schnellen
Weiterbau der B-31-Westumgehung zu machen. "Wir werden keine Ruhe geben
bis zum ersten Spatenstich." Die vielen Menschen bei der Veranstaltung
quittierten das mit Applaus.
Ob die Autofahrer, die in
dem bis zu vier Kilometer langen Stau von Kluftern bis nach Kirchberg bei Immen-staad standen, wussten, warum es nicht weiterging?
Die Verkehrsdurchsagen der Radiosender ließen sie im Unklaren. Da war nur von
"einer Veranstaltung" die Rede. Bernhard Leins und Fritz Hack von den
Freien Wählern Friedrichshafen sorgten dafür, dass wenigstens ein Teil der
Autofahrer mitbekam, worum es ging: Sie verteilten am Dornier-Knoten, ab dem
die Polizei den Verkehr nach Kluftern umleitete, unter den wartenden Fahrern
stundenlang Handzettel, wenn's nötig war sogar Getränke und erklärten, warum
jetzt viele im Stau stehen müssen: Damit mit dem Straßenbau endlich etwas
vorangeht. Andere Demo-Aktivisten machten Gleiches am östlichen Ende des
gesperrten Straßenstücks, wo sich der Verkehr zu Spitzenzeiten ebenfalls auf
rund vier Kilometer staute. "Die Zustimmung liegt bei 80 Prozent",
berichtete Leins. "Nur wenige haben kein Verständnis für die Aktion",
meinte Fritz Hack. Einer allerdings meinte: "Ihr seid Verbrecher."
Mancher bekam indessen
wirklich Probleme. Zahlreiche Schweizer, die zum Flughafen Friedrichshafen
wollten, fürchteten, dass ihr Ferienflieger ohne sie in den Urlaub startet.
31.07.2006
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Es hätten mehr sein
können", sagte Zeppelin-Konzernchef Ernst Susanek
im Angesicht der gut 1000 Menschen, die am Samstag die B31 bevölkerten. Rolf Schilpp dagegen zeigte sich "zufrieden". Im
Vorfeld hatte das Bündnis "Pro B31" 1000 Teilnehmer als Erfolg
gewertet. Wie auch immer: Das wichtigere Zeichen geht von der Stadtpolitik
selber aus, die gemeinsam - und mit der ortsansässigen Wirtschaft im Rücken -
Einigkeit und Entschlossenheit demonstrierte. Wenn es nun noch gelänge, Gegner
und Einsprecher an den Tisch zu holen und diese zu überzeugen, was
Kompromissbereitschaft von beiden Seiten verlangt, sollte die Westumgehung
zumindest bis Immenstaad politisch in trockenen Tüchern sein. Der bloße Appell,
den Widerstand aufzugeben und Verständnis für die seit 30 Jahren gebeutelten
B-31-Anwohner zu zeigen, reicht da sicher nicht.