25.04.2006 05:18 |
Verkehr stagniert zum ersten Mal |
Maut und
Spritpreise zwingen Privatleute und Speditionen zu überlegterem
Umgang mit Fahrzeugen |
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Stuttgart |
VON JULIA GIERTZ, DPA |
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Stuttgart - Hohe
Benzinpreise und die Lkw-Maut haben 2005 nach Angaben des Innenministeriums
zum ersten Mal seit Jahren zu einem geringeren Verkehrsaufkommen auf den
Straßen in Baden-Württemberg geführt. Demnach nahm der Verkehr auf den
Autobahnen um 2,1 Prozent und auf den Bundesstraßen um 0,6 Prozent ab. Ein
leichter Zuwachs des Verkehrs auf den Landesstraßen von 0,3 Prozent habe den
allgemeinen Rückgang nicht ausgeglichen, sagte ein Sprecher des Ministeriums.
Der rückläufige Trend kam im Vergleich zur bundesweiten Entwicklung mit einem
Jahr Verspätung in Baden-Württemberg an, hieß es beim Statistischen
Landesamt. "Speditionen
vermeiden Leerfahrten und setzen ihre Fahrzeuge zielgerichteter ein",
meinte der Ministeriumssprecher. "Und Privatleute beschränken sich auf
die notwendigsten Fahrten. Touren ,just for fun' werden immer
weniger." Lag die durchschnittliche Fahrleistung pro Personenwagen im
Jahr 2004 noch bei 12880 Kilometern, waren es letztes Jahr 340 Kilometer
weniger, haben die Statistiker herausgefunden. Auch in diesem Jahr halte der
Trend an. Dem Statistischen
Landesamt zufolge stagnierte die Verkehrsleistung 2005 zum ersten Mal in der
Geschichte des Landes: Nach jahrzehntelangen Steigerungen blieb die
Fahrleistung im vergangenen Jahr bei gut 91 Milliarden Kilometern. Damit
liegt Baden-Württemberg im Bundestrend. Trotz rückläufigen
Individualverkehrs gab es auch 2005 mit 7,4 Millionen Einheiten, darunter
6,27 (2004: 6,15) Millionen Personenkraftwagen, mehr Fahrzeuge in
Baden-Württemberg als zuvor. Dies schlägt sich aber nicht in mehr gefahrenen
Kilometern nieder, weil viele Zweit- oder Drittfahrzeuge nur wenig benutzt
werden. Deutlich werden die
Wirkungen der Maut in den speziellen Zählungen für den Schwerlastverkehr.
Hier ergab sich ein Minus von 7,5 Prozent für die Autobahnen. Ein ebenso
hohes Plus für die Bundesstraßen und ein Zuwachs von 7,6 Prozent für die
Landesstraßen kompensierten den Rückgang aber bei weitem nicht, sagte der
Ministeriumssprecher. Dies zeigt das Aufkommen von Lastwagen mit einem
Gewicht über 3,5 Tonnen: 2004 fuhren im Durchschnitt in 24 Stunden 7600
Lastwagen über die Autobahnen und 765 über die Bundesstraßen. Im Folgejahr
waren es nur noch 7030 Laster auf den Autobahnen und 822 auf den
Bundesstraßen. Der Verkehrsexperte der
Grünen-Fraktion, Boris Palmer, forderte politische Konsequenzen aus dem
Rückgang des Verkehrs. "Die völlig überzogenen Planungen für neue
Straßen müssen eingestellt werden." Künftig müsse es darum gehen, den
Verfall des vorhandenen Straßennetzes durch höhere Investitionen aufzuhalten.
Der ADAC Württemberg hält den Rückgang des Verkehrsaufkommens nur für einen
kurzfristigen Trend.
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