FRIEDRICHSHAFEN - Bei
den fortgesetzten Erörterungen zur B 31 neu ist es gestern zu einem Eklat
gekommen. Die Anwälte Immen-staads und Bürgermeister Jürgen
Beisswenger wehrten sich gegen eine vierspurige
Straße von der Anschlussstelle Kluftern zum Grenzhof
und stellten sich damit gegen eine Entlastung Friedrichshafens.
Von unserem Redakteur
Siegfried Großkopf
Es gehe nicht darum,
notwendige Entlastungen Friedrichshafens, Klufterns
oder Markdorfs zu verhindern, beteuerte Immenstaads Bürgermeister Jürgen Beisswenger. Mit der Planfeststellung sollte es allerdings
zu keinen "unverrückbaren Fakten" kommen, die für seinen Gemeinderat
ein vierspuriger Ausbau der B 31 neu bis zum Grenzhof darstelle. Beisswenger will in einem gemeinsamen Arbeitskreis den
weiteren Planungszeitraum der nächsten acht bis zehn Jahre nutzen, um nach
Optimierungen zu suchen. In Friedrichshafen, wo man seit 30 Jahren auf eine
Entlastung warte, solle man einen zweispurigen Endteil von der Anschussstelle Kluftern zum Grenzhof (1,7 Kilometer) akzeptieren, wenn man
dafür eine komplette Umgehung bekommen könne.
Die Anwälte Immenstaads
plädierten dafür, den vierspurigen Ausbau zurückzustellen und nannten das jetzige
Vorgehen einen "Rechtsfehler", da es eine "fehlerhafte
Abschnittsbildung" vorsehe und eine "präjudizierende Wirkung"
für den Fortgang der Umgehung habe. Ein vierspuriger Ausbau bis
zum Grenzhof würde ihrer Ansicht nach bedeuten, die Weiterführung der
Umgehung vorweg zu nehmen und beim Dornier-Knoten einen
"Flaschenhals" zu produzieren. Sie drohten für diesen Fall, die
Westumgehung scheitern zu lassen. Für Immenstaad, bemerkten sie, bestehe
"momentan kein massiver Problemdruck". Die Nachteile einer (geplanten)
Variante 7.5 überstiegen bei Weitem die Vorteile einer neuen Trasse, forderten
sie, "noch andere Varianten" zu prüfen.
Keine Alternative
Dem widersprach
Friedrichshafens Erster Bürgermeister Dieter Hornung energisch. 15 Jahre lang
habe man zusammengesessen und im Detail alle
Streckenführungen untersucht. Heute höre er von Bürgermeister Beisswenger, man solle "die Zeit nutzen" und
weiter Varianten prüfen, obwohl "kein Quadratzentimeter" nicht
untersucht worden sei und man verhindern und vermeiden will, "dass Kluftern eingekesselt wird".
Zur jetzt im Verfahren
befindlichen Trasse gebe es keine Alternative, sagte Dieter Hornung. Gemeinsam
mit Immenstaad habe man sich auf diese Trasse geeinigt, die vierspurig bis zum
Grenzhof führen solle. Wolle man alle paar Jahre Positionen ändern, fragte
Hornung. Jahrelang habe man mit dem Partner der Verwaltungsgemeinschaft in
gemeinsamen Ausschüssen zusammengesessen, sei man
sich schon einig gewesen, warnte er davor, das Rad zurückzudrehen und damit die
"unendliche Geschichte" B 31 neu weiter zu schreiben. "Was wir
unseren Anwohnern mit dieser stadtnahen Trasse zumuten, ist beispielhaft in der
Region", verwies Hornung auf die Belastungen in Friedrichshafen. Die
Gemeinde Immenstaad solle sich die Situation in Friedrichshafen ansehen
und würde dann Verständnis für deren Haltung haben. Würde man dem Immenstaader
Ansinnen nachkommen, würde dies eine nachhaltige Verschlechterung mit sich
bringen, wäre das der Dolchstoß. Auch bei einem vierspurigen Bau bis zum
Grenzhof blieben im Anschluss alle Optionen offen.
Ab Grenzhof alle
Möglichkeiten
"Wenn wir hier
zweispurig ankommen haben sich alle hinteren Trassen erledigt", warnte der
Referatsleiter des Regierungspräsidiums vor dem Immenstaader Vorschlag. Die als
günstigste Konzeption bewertete Variante 7.5 verlagere und bündele den Verkehr
von der B 33 von Überlingen bis Friedrichshafen auf der B 31 und anschließend
in Richtung Ravensburg auf die B 30. "Selbstverständlich" blieben
auch nach einer vierspurigen Ankunft am Grenzhof anschließend alle
Möglichkeiten offen. Referatsleiter Braun sagte, eine Gesamtkonzeption
vorzubereiten sei auch richtig, wenn die Umgehung abschnittsweise verwirklicht
werde. "Flaschenhälse" gebe es immer am Beginn von Übergängen von
zwei auf vier Spuren.
Für die vorgesehene
Variante spricht sich auch das Umweltgutachten aus, ebenso das
Verkehrsgutachten, das "die Menschen an erster Stelle" sieht.
Kommentar}
Kirchtum und St. Florian lassen grüßen.
Durfte der Beobachter zuletzt die Hoffnung haben, die Seegemeinden seien sich
einig in der Sicht der Notwendigkeit einer leistungsstarken B 31 neu, wurde er
gestern eines Besseren belehrt: Immen-staad fährt
juristisches Geschütz auf, eine vierspurige Ankunft am Grenzhof zu verhindern.
St. Florian lässt grüßen
Von Siegfried Großkopf
Vor Wochen war die Welt
noch in Ordnung. Die Straßenbaubehörde in Tübingen sei schuld, dass es in
Sachen B 31 neu nicht vorangeht, war man sich einig - und der Schuldige
ausgemacht. Seit gestern wissen wir, dass die Probleme nicht so weit entfernt
liegen. Immenstaad will nicht, dass die neue Umgehung vierspurig am Grenzhof
ankommt. Die Gemeinde, die unter dem zunehmenden Verkehr nicht ansatzweise
leidet wie Friedrichshafen (und sie deshalb nicht nötig hat), will die Straße
nur zweispurig empfangen. Um keine Entscheidung vorweg zu nehmen, wie ihre
Juristen begründen, wenn es anschließend weiter in Richtung Westen geht. Obwohl
das bei einer vierspurigen Ankunft keineswegs festgeschrieben wäre, wie ihnen
Experten gestern erfolglos versuchten deutlich zu machen.
Wie schwierig bis erfolglos
es ist, einmal ungenügend ausgebaute Straßen nachzurüsten, zeigt das Beispiel
der Umgehung Kressbronn. Sie ist völlig unzureichend
nur zweispurig dem Verkehr überlassen worden, und auf die Abfahrten, die nun
nachgeschoben werden sollen, wird man noch lange warten müssen, sollten sie
überhaupt Wirklichkeit werden. Dasselbe blühte für die 1,7 Kilometer lange B 31
neu-Verbindung vom Anschluss Kluftern
zum Grenzhof. Einmal mit nur zwei Fahrbahnen freigegeben, sind Ärger und
Probleme programmiert, doch nachgerüstet wird kaum mehr werden.
Die Stadt Friedrichshafen,
die bereit ist, die geplante Trasse stadtnah zu (er)tragen, bewältigt seit
vielen Jahren Belastungen für die Region. Am Flughafen steigen nicht nur Häfler ein, den Messeverkehr ertragen vor allem die
Anwohner, und die Industrie vor Ort ist nicht nur gleichbedeutend mit dem
Einkassieren von Gewerbesteuer. Da wäre ein Stück Solidarität angebracht. Erst
recht von einer Gemeinde, mit der man seit vielen Jahren eine
Verwaltungsgemeinschaft bildet.
(Stand: 15.12.2005 00:16)