FRIEDRICHSHAFEN - Den
geballten Frust zum schleppenden Planungsfortgang für die B 31-Umgehungsstraße
in Friedrichshafen hat gestern Regierungspräsident Hubert Wicker
bei seinem Besuch im Gemeinderat erfahren. Seine enttäuschende Botschaft:
Frühestens 2015 ist die Straße zwischen Colsman- und
Dornierknoten fertig.
Von unserem Redakteur
Andreas Mühl
"Wir müssen in den
nächsten Monaten wild aufbocken, die Bevölkerung akzeptiert die Vertröstungen
nicht mehr." Oberbürgermeister Josef Büchelmeier
machte gleich zu Beginn der Sitzung aus seinem Unmut keinen Hehl und auch
Baubürgermeister Dieter Hornung zeigte kein Verständnis für die mittlerweile
15-jährige Planungszeit, seit das Verwaltungsgericht
1990 die Planfeststellung für die westliche Trasse Richtung Immen-staad
kippte. "Unsere Geduld ist am Ende, das ist nicht zu verantworten."
Wicker, sichtlich angespannt in der
"Höhle des Löwen", versuchte, die Gemüter zu beruhigen. "Ich
ziehe mit Ihnen an einem Strang", so der Regierungspräsident (RP) aus
Tübingen, man habe es aber mit einem komplizierten Verfahren zu tun, weil die
Maßnahme umstritten sei. Immerhin: Wicker nannte den
13./14. Dezember als ersten Erörterungstermin im Rahmen des
Planfeststellungsverfahrens. Dann sollen zunächst die so genannten Träger
öffentlicher Belange zu Wort kommen, also Kommunen und Behörden zu den
Straßenplänen Stellung nehmen können. Schwieriger wird die Behandlung der
privaten Einwendungen ab spätestens März 2006. Insgesamt liegen 1857 vor, davon
1471 Sammeleinwendungen der Bürgerinitiative "Pro Kluftern".
Inhaltlich gravierender dürften 386 individuell formulierte Einsprüche sein,
bis zu 100 Seiten starke Einzelwerke. "Das ist der wesentliche Grund für
die Verzögerungen", gab Wicker an. Zum
Vergleich: In Ravensburg habe es zur südlichen Umfahrung im Zuge der B 30 nur
60 Einwendungen gegeben. Hier sei die Planfeststellung im Dezember zu erwarten.
Positiv auf den Zeitplan für die B 31-Planfeststellung wirkt sich aus, dass die
Pläne nicht mit neuen Lärmschutzmaßnahmen ergänzt werden müssen. Hier hatte das
Regierungspräsidium geprüft, ob für die Fortschreibung des Verkehrsgutachtens
bis 2020 Grenzwerte beim Lärm überschritten werden. Das ist nun nicht der Fall.
Insgesamt, so Wicker, hänge der weitere Fortgang der
Planfeststellung vom Verlauf der Erörterungsrunden ab. Falls Pläne geändert
werden müssten, drohten erneute Verzögerungen. Wicker
terminierte eine Planfeststellung vorsichtig auf Mitte 2007. Wenn dann nicht
gegen den Beschluss geklagt werde, könne Mitte 2008 mit dem Bau begonnen
werden. Die Bauzeit für die 7,12 Kilometer lange Trasse soll sieben Jahre
betragen! Wicker: "Bei günstigem Verlauf, also
keinen wesentlichen Planänderungen, keinen Klagen
sowie einer gesicherten Finanzierung ist mit einer Fertigstellung etwa im Jahr
2015 zu rechnen."
Allerdings nur, wenn die
Umfahrung in der Prioritätenliste des Regierungsbezirks Tübingen ganz vorne
landet. An diesem Punkt wollte sich Wicker zwar nicht
festlegen, versprach aber "hohe Priorität". "Ich kann nicht
sagen, dass sie in drei Jahren an erster Stelle stehen, aber schließe es auch
nicht aus." Denn das Neubauprojekt B 31 stehe in Konkurrenz zu vielen
anderen wichtigen Straßenplänen.
Bis auf die
"Grünen" ("lassen Sie sich mit den Planungen Zeit, Herr Wicker") machten gestern alle Fraktionen ihrem Unmut
Luft. Dabei wurde auf die Belastung für die Bewohner, aber auch auf die
negativen Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft hingewiesen. Johannes Brugger (CDU) betonte die Randlage und die Bedeutung der
Messe. "Wir wollen nicht durch Staumeldungen bekannter werden."
Roland Frank (SPD) appellierte an die Einsprecher, nach der Würdigung der
Einwendungen im Erörterungsverfahren nicht den Klageweg einzuschlagen.
Hans-Peter Kaldenbach (FW) sagte, dass immer neue
Versprechungen seit 1996 die Bürger wütend und die Politik unglaubwürdig
machten. "In unserer Stadt kocht es."}
Viele Straßenpläne, wenig Geld
Entscheidend für die
Realisierung der B 31 innerhalb Friedrichshafens ist nicht nur ein
"klagefreier" Abschluss des Planfeststellungsverfahrens, sondern die
Finanzierung des rund 70 Millionen Euro teuren Projektes. Allein im
Regierungsbezirk Tübingen sind die Mittel nach Angaben Hubert Wickers bereits für im Bau befindliche und planfestgestellte Maßnahmen für die nächsten 10 bis 11
Jahre erschöpft. Wicker erwartet zwar deutlich mehr
Geld vom Bund als in den vergangenen zwei Jahren, aber das FN-Projekt
könnte ab 2008 nur dann finanziert werden, wenn es in der Prioritätenliste ganz
nach vorne rutscht. Wicker hofft außerdem auf eine
Pkw-Maut durch die neue Regierung in Berlin, obwohl ein erster Anlauf dafür auf
Länderebene kürzlich scheiterte. Mit der Maut-Einnahme könnten dann viele
Straßen vor allem auch in Baden-Württemberg gebaut werden. Von privaten
Finanzierungen hält der RP wenig. (müh)}
Das war überfällig und
durchaus hilfreich: Regierungspräsident Hubert Wicker
musste sich mit zwei Abteilungsleitern seiner Tübinger Behörde im Gemeinderat
anhören, warum die Volksseele kocht.
Botschaft ist angekommen
Von Andreas Mühl
Den Räten und mithin den
Bürgern der Stadt Friedrichshafen hängt die Diskussion um den Planungsstand zur
B 31 zum Hals heraus. Diese Botschaft dürfte beim Regierungspräsidenten
angekommen sein. Vorsichtig, wie Juristen nunmal
sind, sicherte er zu, den "Fall FN" mit hoher Priorität zu behandeln.
An diesen Worten wird sich Wicker messen lassen
müssen. Zweifel am B-31-Planungseifer in Tübingen konnte er trotzdem nicht
gänzlich ausräumen, zu lange schon müssen die Menschen am See Vertröstungen
ertragen. Eine "Bedingung" Wickers sollten
Verwaltung und Politik trotzdem sehr ernst nehmen: Denn durch einen
konstruktiven Kontakt zu Einwendern, besonders den Landwirten, lassen sich
mögliche Klagen gegen die B 31 vielleicht im Vorfeld verhindern. Sonst warten
wir auf die Straße bis zum St. Nimmerleinstag.
(Stand: 18.10.2005 00:18)