18.10.2005 04:51

Auf die B-31-Umgehung kann man noch lange warten

Planfeststellungsbeschluss frühestens Ende 2006 - Geld fehlt - Regierungspräsident bleibt unkonkret - Einwände werden ab Dezember erörtert

 

Friedrichshafen

VON WOLFGANG BOLLER

 

 

Friedrichshafen - "Viel Stau!" Das wünschten einige Gemeinderäte gestern Regierungspräsident Hubert Wicker für den Heimweg nach Tübingen nach eineinhalb Stunden B-31-Debatte. Denn Wicker blieb konkreten Versprechen zum Bau des zweiten B-31-Umgehungsabschnitts von der Colsmanstraße bis zum Dornier-Knoten schuldig. Dabei hatten Oberbürgermeister Josef Büchelmeier, Erster Bürgermeister Dieter Hornung und zahlreiche Gemeinderäte dem Chef der Straßenplaner ins Gewissen geredet, nach Jahrzehnten der Planung endlich in die Gänge zu kommen.

Das einzig Konkrete: Den Planfeststellungsbeschluss erwartet Wicker frühestens für Ende des Jahres 2006, eher für die erste Hälfte 2007. Weil ein neues Verkehrsgutachten für das Jahr 2020 keine größeren Verkehrsbelastungen ergeben hat als sie für das Jahr 2015 prognostiziert wurden, müssen die Lärmschutzmaßnahmen nicht erweitert werden. Deshalb könne, so Wicker, noch in diesem Dezember mit der Erörterung der Einwendungen von Trägern öffentlicher Belange begonnen werden. Spätestens ab März 2006 sollen die 1857 privaten Einwendungen behandelt werden. Davon stammen 1471 gleich lautende aus Kluftern, 386 weitere sind individuell formuliert. Die abzuarbeiten, brauche Zeit, damit ein Planfeststellungsbeschluss vor Gericht Bestand habe, so Wicker. Stadtverwaltung und Gemeinderat sollen dafür sorgen, dass Einwendungen zurückgezogen werden. In Ravensburg habe es zur Südumfahrung nur 60 Einwendungen gegeben.

Dass Friedrichshafen seit Jahrzehnten auf die Umgehung wartet, ist für Wicker kein Kriterium, das Projekt als das Wichtigste im Regierungsbezirk anzusehen, wohl aber für die meisten (nicht die "grünen") Häfler Kommunalpolitiker. "Wut, Zorn, Empörung und ein großer Teil Politikverdrossenheit" seien durch das jahrzehntelange Warten ausgelöst worden, sagte Oberbürgermeister Büchelmeier. Er sei sich sicher, dass ein Aufruf zu einer Demonstration des zivilen Ungehorsams in Sachen Straßenverkehr einen Riesenerfolg hätte. Büchelmeier zu den wirtschaftlichen Auswirkungen eines weiteren langen Wartens: "Wenn der Blutfluss in den Verkehrsadern abgeschnitten wird, besteht die Gefahr eines langsamen Todes der Region." "Die Geduld der Menschen ist am Ende", sagte Erster Bürgermeister Hornung, der darauf verwies, die Stadt habe ihre Hausaufgaben gemacht und 40 Prozent der Bau- und Ausgleichsflächen unter Vertrag. Er hofft, dass die große Koalition in Berlin für mehr Geld für den Straßenbau sorgen wird.

"Die Finanzmittel sind aus heutiger Sicht nicht da und das sieht in einigen Jahren nicht besser aus", entgegnete Regierungspräsident Wicker. Er sieht die nur in der Pkw-Maut eine Chance zur Finanzierung der 68,5 Millionen Euro. Aber selbst wenn mehr Geld zur Verfügung stehe, konkurriere die B-31-Umgehung mit weiteren Projekten im Regierungsbezirk Tübingen. "Jetzt sind wir mal dran", wetterte Carl Deppler (CDU). Die Sachargumente sprächen im Zweifel für Friedrichshafen, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Johannes Brugger. Es dürfte aber nicht nur am Geld hängen. Wicker rechnet mit gerichtlichen Schritten der Gegner gegen den Planfeststellungsbeschluss.

Die meisten Gemeinderäte waren mit Wickers Ausführungen offenbar nicht zufrieden. Wenn die Umgehung nicht bald komme, laufe man Gefahr, eine oder zwei wichtige Messen zu verlieren, warnte FW-Fraktionschef Hans-Peter Kaldenbach. Von einer "massiven Bedrohung des Wirtschaftsraums Friedrichshafen" sprach SPD-Fraktionsvorsitzender Roland Frank. Er forderte, das Regierungspräsidium solle nach dem Vorliegen des Planfeststellungsbeschlusses sagen, an welcher Stelle Friedrichshafen auf der Prioritätenliste steht. "Wir sind ein relativ ruhiges Volk, vielleicht zu ruhig. Aber es brodelt. Sie sollten verhindern, dass es zum Ausbruch kommt", sagte Kaldenbach zu Wicker. Nur die Gemeinderats-Grünen, die die Umgehung ablehnen und sich als Vertreter der Gegner sehen, haben mit der langen Planungszeit kein Problem. "Nehmen Sie sich die notwendige Zeit für eine gründliche Bearbeitung", sagte deren Sprecher Gerhard Leiprecht.