Straßen-Streit der Politiker eskaliert
Der Streit um die
Mittelkürzungen im Straßenbau eskaliert weiter. Der SPD-Bundestagsabgeordnete
Rudolf Bindig gießt Öl ins Feuer, indem er in einer neuerlichen
Presseerklärung darauf beharrt, im Recht zu sein. Damit provozierte er gestern
Erklärungen von MdB Andreas Schockenhoff und
Verkehrsminister Ulrich Müller. Neu im Spiel: Beide Seiten legen Fotokopien
von Dokumenten als Beweise vor.
Damit wird der
Politiker-Streit für den interessierten Beobachter vollends unverständlich.
Ausgangspunkt der verbal nicht zimperlich geführten Auseinandersetzung war eine
Stellungnahme von Rudolf Bindig zum SZ-Bericht
vom 31. März. Darin ging es um die Reaktion in Friedrichshafen auf die
Ankündigung aus Berlin, die Straßenbaumittel drastisch zu kürzen. In Gefahr
sind deswegen auch die Projekte Weiterbau B 31 und Lückenschluss B 30.
Der SPD-Politiker
erklärte, die aktuellen Finanzprobleme hätten nichts mit den Problemen bei der
Maut zu tun. Neue Probleme seien aus den Vorschlägen zur Subventionskürzung der
Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück
(SPD) entstanden. Demnach sollen für 2004 im Verkehrshaushalt 414 Millionen
Euro als "Subventionen und Finanzhilfen" gestrichen werden - vom
Bundesrat verlangt und von den Bundesländern und im Bundestag von
allen Fraktionen beschlossen. Nun sei es "frechdreist" und
"heuchlerisch", wenn Ministerpräsident Teufel fürs Land im Bundesrat
zustimme, mit den Auswirkungen aber nichts zu tun haben wolle, meinte Bindig.
MdB Schockenhoff nannte daraufhin in einer Erklärung die
Kürzungen eine Katastrophe für die Verkehrsinfrastruktur. Auf dem Fuß folgte
die Stellungnahme von Minister Müller: "Bindig
lügt wie gedruckt", und zwar mit der Behauptung, die massiven Kürzungen
bei Bundesstraßen hätten nichts mit dem Maut-Desaster zu tun, sondern mit den
Sparvorschlägen der Länder. Was "definitiv keinen Grund" darstelle,
sei das von Bindig behauptete Koch-Steinbrück-Papier
zu Subventionskürzungen. Dies betreffe "den Straßenbau mit keinem einzigen
Cent". Schockenhoff hakte nach und warf Bindig "Legendenbildung" vor.
O-Ton: "Das viel genannte Koch-Steinbrück-Papier
... schlägt an keiner Stelle Streichungen bei den Investitionen vor! Im
Gegenteil: Der hessische und der nordrhein-westfälische Ministerpräsident haben
Kürzungen bei Subventionen vorgeschlagen, damit für Investitionen Mittel frei
werden."
Klar, dass Bindig diese "schweren Anwürfe" und
"ehrenrührigen Behauptungen" nicht auf sich beruhen lässt. In einer
Stellungnahme weist er jetzt die Behauptungen der CDU-Politiker "mit
Entschiedenheit" zurück. Er wisse, dass er die Finanzprobleme im
Verkehrsbereich korrekt dargestellt habe. In der Anlage finden sich Kopien aus
dem Koch-Steinbrück-Papier, die nach Bindigs Meinung klar belegen, "dass dort sehr wohl
Kürzungen der Mittel für die Verkehrsinfrastruktur vorgesehen sind". Auch
Erklärungen des Bundesverkehrsministers Manfred Stolpe sollen Bindigs Version beweisen, "dass wegen der Kürzungen
nach Koch-Steinbrück dem Bund Mittel für zahlreiche
Projekte fehlen". Den "Kern des Problems" sieht Bindig darin, "dass in der Koch-Steinbrück-Liste
Verkehrsinvestitionen als Subventionen oder Finanzhilfen bezeichnet werden,
welche abgebaut werden müssten". Der Pressesprecher des
Bundesverkehrsministeriums nennt rund 800 Millionen Euro, die im Verkehrsetat
wegen der Koch-Steinbrück-Pläne fehlen.
"Reine
Vernebelungstaktik"
MdB Schockenhoff ist völlig unverständlich, wie diese
Behauptung zustande kommt. Er spricht von "reiner
Vernebelungstaktik". Bindigs Erklärung sei nach
wie vor falsch. Die Kürzungen im Bundesfernstraßenbau seien nicht im
Vermittlungsausschuss entschieden worden, sondern "gehen einzig und allein
auf Vorschläge und Beschlüsse der Bundesregierung und der Koalitionsmehrheit im
Haushaltsausschuss des Bundestags zurück". Dass sogar der
Bundesverkehrsminister ein falsches Zeugnis abgebe, gehe aus Unterlagen hervor.
Dabei handelt es sich um ein Schreiben der Ministerpräsidenten Koch und Steinbrück an Minister Stolpe, die dem
Bundesverkehrsminister eine "schlicht falsche" Darstellung vorwerfen,
und um den den dokumentierten Beschluss der Verkehrsministerkonferenz
vom 31. März, der in die gleiche Kerbe schlägt. Darauf berief sich gestern auch
Landesverkehrsminister Müller, für den die Thesen von Stolpe bis Bindig falsch bleiben. Völlig inakzeptabel sei es, wenn der
Versuch gemacht werde, "diese Tatbestände zu vertuschen".
(Stand: 08.04.2004 00:17)