Am Sonntag verloren - und gewonnen zugleich

 

 

MARKDORF - Einen Tag nach dem Bürgerentscheid hat sich die Markdorfer Umweltgruppe neu positioniert: Geht es an die konkrete Planung der Südumfahrung, will man weiter mitreden und die Belange all derer einbringen, die am Sonntag mit Nein gestimmt haben. Die Devise lautet dabei: verloren und doch viel dazugewonnen.

 

Von unserer Mitarbeiterin Kerstin Brauers

 

Keine Frage: Der Bürgerentscheid hat Fakten geschaffen. "Wir respektieren das Ergebnis", bekräftigen denn auch Frieder Beran und Bernhard Oßwald beim Pressetermin gestern im "Stadtcafé". Die Zeit, die Straße zu bekämpfen, ist vorbei - und doch mag sich die Umweltgruppe nicht als Verlierer sehen. "Dieses Ergebnis zu bekommen, das hatten wir fast nicht zu hoffen gewagt", sagt Beran. Denn Ja oder Nein, "rund 500 Stimmen Unterschied, so weit auseinander liegt das nicht". So dass sich der "kleine David" - so begreift sich der lockere Verbund aus Umweltgruppe, Landwirten, Bund für Umwelt und Naturschutz - gegen den großen Goliath - das "Machtkartell" von Ämtern, Wirtschaftsleuten und Händlern, wie Beran und Oßwald es nennen - ein "gewisses Gewicht" verschafft hat. Erst nahezu chancenlos, sei die Stimmung in den letzten paar Wochen vor dem Bürgerentscheid zu Gunsten der Straßengegner gekippt, hat Oßwald festgestellt. Im Ergebnis vom Sonntag sieht man jetzt "einen klaren Auftrag kritischer Bürger", die weitere Entwicklung mitzugestalten. Und weil das Ergebnis des Bürgerentscheids "keine riesige Mehrheit für die Straße" sei, wie Beran sagt, sei eben jene Mehrheit nun gefordert. Die Straßenplaner, die Straßenbefürworter, sie sollen die Einwände der Gegener aufgreifen, nach gemeinsamen Lösungen suchen, insbesondere in den Ortsteilen, fordert die Umweltgruppe: "Wir sind jederzeit zur Kooperation bereit." Gesprächsbedarf gebe es zum Beispiel bei der Gestaltung der "Trompete" am Haslacher Hof, bei der Anbindung an den Wagner-Kreisel, beim Lärmschutz und beim Ausgleich für die betroffenen Landwirte.

 

Das Prinzip der Nachhaltigkeit, der behutsame Umgang mit Flächen, soll dabei weiter Ziel sein. "Wir werden uns vehement zu Wort melden, wenn es um die Ansiedlung von Gewerbegebieten entlang der Südumfahrung geht", kündigt Oßwald an, und Beran hofft, dass bei der "doppelten Zerschneidung" noch nicht das letzte Wort gesprochen ist, dass "die zweite Trasse vielleicht nicht in gleicher Weise durch die Landschaft gebaut wird, statt dessen der Ausbau der B 31 doch im Vordergund steht". Markdorf soll wachsen - aber nicht um jeden Preis.

 

Ihre Position gestärkt sieht die Umweltgruppe auch durch diese Rechnung: Vergleicht man das Ergebnis des Bürgerentscheids mit dem der jüngsten Gemeinderatswahlen, "liegen wir um die 20 Prozent über unserem Potenzial", sagt Oßwald. "Wir haben viele erreicht, die eigentlich auf CDU- oder Freie Wähler-Seite stehen." Besonders auffällig sei das in den stark bürgerlich wählenden Ortsteilen. Dieser "wachsende Rückhalt" lässt die Umweltgruppe hoffen für die Kommunalwahl nächstes Jahr. Beran: "Wir haben am Sonntag verloren, aber auf anderer Ebene viel dazugewonnen."

 

(Stand: 07.04.2003 23:30)