07.04.2003 05:26

Bermatingen sagt Ja zur Ortsumfahrung

Erster Bürgerentscheid mit überwältigender Wahlbeteiligung - Ahausen stimmt dagegen

1173 zu 683 lautet das vorläufige Endergebnis zugunsten der Ortsumfahrung Bermatingens. 42,7 Prozent der insgesamt 2748 Stimmberechtigten stimmten beim ersten Bermatinger Bürgerentscheid für den Bau der Ortsumfahrung. 24,9 Prozent wandten sich dagegen. Damit wurde das Quorum von 825 Stimmen übertroffen und ein bindender Bürgerentscheid zugunsten der Ortsumfahrung ist zustande gekommen. Die Wahlbeteiligung lag bei 67,8 Prozent.

Bermatingen

VON SIEGFRIED AMANN

 

Bermatingen - Alle Augen der zahlreich im Rathaus versammelten Interessierten schielten nach Markdorf. Beim "Gehrenberg-Wackelkandidat", wie sich eine Bürgerin ausdrückte, schien es "Spitz auf Knopf" zuzugehen. Als die Markdorfer Zustimmung zur Ortsumfahrung bekannt wurde, machte sich Erleichterung breit. Lange schon zeichnete sich in Bermatingen ein klares Bild ab. Dass es so deutlich ausfiel, das überraschte aber viele.

Selbst Verkehrsminister Ulrich Müller ließ es sich nicht nehmen, die Auszählung mitzuverfolgen: "So was gibt es nicht oft: Ein Bürgerentscheid ist schon selten, dazu noch in meinem Wahlkreis und zu einem von mir gemachten Angebot." Besondere Freude hat sowohl beim Landespolitiker, wie auch bei Bürgermeister Martin Rupp die hohe Wahlbeteiligung ausgelöst. "Das hat das Kaliber einer Bürgermeisterwahl. Ich kann Bermatingen für diese richtige und wichtige Entscheidung nur gratulieren. Ich stehe zu meinem Wort: Wir zahlen und bauen so schnell wie möglich", erklärte der Verkehrsminister. Jedes andere Ergebnis wäre nach seinem Dafürhalten unverständlich und schädlich für die Gemeinde gewesen.

Auch Bürgermeister Martin Rupp erklärte: "Das ist eine doppelte Freude. Zum einen das Votum und zum anderen zeigt die hohe Wahlbeteiligung, dass in Bermatingen von Politikverdrossenheit keine Rede sein kann. Damit haben wir eine repräsentative Mehrheit erreicht". Jetzt wolle man von Gemeindeseite auf Verbesserungen in der Detailplanung drängen, um damit auch die Gegner von dem Konzept zu überzeugen. Einziger Wermutstropfen sei das Votum Ahausens.

Mit 232 zu 173 Stimmen votierten die Bürger in dem Ortsteil gegen die neue Straße. "Mir wäre ein anderes Ahauser Ergebnis lieber gewesen", bedauerte Ortsvorsteher Hubert Ehinger. Die "Zahlenspiele" hätten Wirkung in den Köpfen gezeigt. Doch hoffe er, dass die überzeugende Mehrheit die Diskussionen verstummen lasse, zumal die Ortsumfahrung auch im ureigenen Interesse Ahausens liege.

Keinerlei Einfluss auf die Abstimmungsentscheidung hätten die Flugblätter, Veranstaltungen und Transparente gehabt, das ergab eine SÜDKURIER-Befragung von 30 zufällig ausgewählten Bürgern vor den Wahllokalen.

Wählerstimmen

"Man zieht das Problem jetzt seit 20 Jahren mit sich rum. Wer da immer noch nicht weiß, was er zu wählen hat, dem kann man auch nicht mehr helfen", so ein Bürger. Die "Flugblattschwemme" und "Leserbriefflut" habe eher verärgert als überzeugt. "Mein Bauch sagt Nein, aber mein Kopf sagt Ja", begründete eine Bürgerin ihr Votum zugunsten der Ortsumfahrung.

Auch der stellvertretende Vorsitzende der Orts-CDU Wolfram Frei zeigte sich vor allem nach dem überraschenden Rücktritt der Vorsitzenden zufrieden mit dem Ergebnis: "Wahlbeteiligung und Resultat sind in unserem Sinne. Das ist ein klarer Auftrag an die Verwaltungsorgane".

Umfahrungsgegner Wolfgang Jürgensmeyer habe nach eigenen Worten mit einem "schlimmeren Ergebnis" gerechnet: "Wir haben immerhin ein Drittel der Stimmen erreicht. Der Bürgermeister wird sich künftig überlegen müssen, wie er mit vermeintlichen Minderheiten umgeht. Zu Zwölft gegen eine solche Wirtschafts- und Beamtenlobby ist schwer anzukommen, obwohl wir immer noch die besseren Argumente haben." Jürgensmeyer sieht in dem Resultat einen Beweis, dass der Gemeinderat nicht repräsentativ zusammengesetzt sei.

Die aktuellsten Verlautbarungen aus dem Straßenbauamt hinsichtlich der Verkehrsmengen eröffneten eine neue Runde im "widersprüchlichen Zahlenpoker um die Ahauser Belastung". Die Gemeindeverwaltung könne auf ein Drittel der Bürger und die Bürgerinitiative zählen, "wenn es darum geht, die Straße umweltfreundlicher zu gestalten".