03.04.2003 06:26

Das Quorum ist die große Hürde

Gültigkeit des Bürgerentscheids hängt von der Wahlbeteiligung ab

Am Sonntag sind die Einwohner von Markdorf und Bermatingen aufgerufen, über die geplanten Ortsumfahrungen abzustimmen. Der Bürgerentscheid hat jedoch einige Tücken. Der SÜDKURIER zeigt auf, wann die Abstimmung erfolgreich ist und spielt die möglichen Szenarien durch.

Markdorf/Bermatingen

VON GüNTER ACKERMANN

 

Markdorf/Bermatingen - Zwischen zwei Kästchen können sich die Bürger entscheiden. "Ja" oder "Nein" lauten die Antwortmöglichkeiten auf die jeweiligen Fragen. In Markdorf steht auf dem Wahlzettel: "Sind Sie für den Bau der Südumfahrung auf der Grundlage des Trassenkorridores A2 des Straßenbauamtes Überlingen vom Januar 2003?" In Bermatingen wird gefragt: "Sind Sie für die Ortsumfahrung L205 neu?"

Auch wenn es nur zwei Optionen gibt, kann der Ausgang des Bürgerentscheids drei Konsequenzen haben. Denn für die Gültigkeit der Abstimmung ist ein Quorum notwendig. Die baden-württembergische Gemeindeordnung sieht vor, dass ein Bürgerentscheid erst dann erfolgreich ist, wenn mindestens 30 Prozent der Stimmberechtigten - nicht der Wähler! - sich für eine der beiden Antwortmöglichkeiten entscheidet. Somit lauten die drei Konsequenzen: Die Mehrheit stimmt unter Einhaltung des Quorums 1.) für das Straßenprojekt; 2.) gegen das Straßenprojekt; oder 3.) das Quorum wird nicht erreicht.

Für die Ortsumfahrungen: Stimmt die Mehrheit der Wähler für das Straßenprojekt und ist diese Mehrheit größer als 30 Prozent der Wahlberechtigten, dann ist der Bürgerentscheid erfolgreich und die Straße wird gebaut. "Der Bürgerentscheid hat die Wirkung eines endgültigen Beschlusses des Gemeinderates", heißt es in der Gemeindeordnung. Die Folge ist: Die bisherigen Straßenplanungen können weiter verfolgt und schließlich auch umgesetzt werden.

Gegen die Ortsumfahrungen: Geht der Bürgerentscheid wie oben beschrieben mehrheitlich und unter Einhaltung des Quorums mit "Nein" aus, so ist das Straßenprojekt abgelehnt. Innerhalb von drei Jahren kann das Ergebnis dann nur durch einen erneuten Bürgerentscheid geändert werden. Ein Gemeinderat darf das Wahlergebnis also erst nach dieser Frist revidieren.

Zu wenig Stimmen: Die große Hürde ist das Quorum. Stimmen nicht mindestens 30 Prozent der Wahlberechtigten für eine Option, ist die Abstimmung ungültig. So geschehen zuletzt in Friedrichshafen. Entscheidend ist also die Wahlbeteiligung.

Dazu eine Beispielrechnung: In Markdorf gibt es nach derzeitigem Stand 9356 Wahlberechtigte. 30 Prozent davon sind 2807. Nur wenn sich mindestens so viele Bürger für eine (!) der beiden Antwortmöglichkeiten aussprechen, ist der Bürgerentscheid gültig. Andernfalls gilt die Abstimmung als gescheitert.

Für diesen Fall sieht die Gemeindeordnung vor, dass die Entscheidung an den Gemeinderat fällt - auch wenn der im Vorfeld schon abgestimmt hat, wie in Markdorf und Bermatingen geschehen. Das bestätigte das Regierungspräsidium Tübingen ausdrücklich auf Anfrage des SÜDKURIER und stützt sich dabei auf eine Entscheidung des Innenministeriums, da dieser Fall in der Gemeindeordnung nicht genau geregelt ist. "Wenn das Quorum nicht erreicht wurde, so vertreten wir die Auffassung, dass der Gemeinderat die Angelegenheit erneut zu entscheiden hat, selbst wenn er vorher schon abgestimmt hat", erklärt Tanja Breymaier vom Regierungspräsidium Tübingen.

Kommt es soweit, wird zumindest in Markdorf das Thema Südumfahrung wohl bereits am 15. April auf der Tagesordnung der nächsten Gemeinderatssitzung stehen, wie Bürgermeister Bernd Gerber gegenüber dem SÜDKURIER andeutete. Dann ist mit einem ähnlichen Ergebnis wie am 18. Februar zu rechnen, als 18 Räte mit "Ja" und sieben mit "Nein" stimmten, denn im SÜDKURIER-Interview kündigten die Fraktionsvorsitzenden bereits an, bei ihrer Haltung bleiben zu wollen.