"Los geht's": Knapp 200 ziehen durch die Stadt

MARKDORF - Zwar waren die Macher am Ende zufrieden - aber ein bisschen mehr hätten es sein dürfen, die die Straße gestern Nachmittag auf die Straße brachte: Knapp 200 Markdorfer, angeführt von Lastwagen und Traktoren, zogen über die gesperrte B 33 bis zum Rathaus, um für ein Ja zur Südumfahrung beim Bürgerentscheid am 6. April zu werben.

 

Von unserer Mitarbeiterin Kerstin Brauers

 


Um kurz vor drei ist absehbar: Mehr werden es nicht. Renate Nitsche von der Interessensgemeinschaft "Pro Südumfahrung" trägt es mit einem Lächeln: "Wir hatten gehofft, aber..." An die 200 Demonstranten, die am Latschebrunnen in den Startlöchern stehen, sind trotzdem gerüstet. Haben Plakate gebastelt, Buttons geklebt und wollen es der Stadt jetzt zeigen: Markdorf braucht die Südumfahrung.

 

Für viele ist es die erste Demo ihres Lebens. Ein bisschen verlegen steht man rum, wenn auch gut gelaunt. Soll man jetzt was brüllen? Viele Ältere sind da, auch Familien, CDU- und Freie Wähler-Räte fast komplett vertreten. Firmenchef Albert Weber legt letzte Hand an seinen Lkw an. "Ich gehöre hier raus" wird der Tieflader zusammen mit zwei Trucks der Firma Vöhringer, einem Wegis-Bus, einem Schneider-Lkw und einer Reihe von knatternden Oldtimer-Traktoren durchs Städtle fahren. Auch der Wirtschaftskreis hat für die Demo mobil gemacht.

 

Auf dem Weber-Wagen spielt die "Razze Band", und die Pause zwischen zwei Dixie-Songs nutzt Renate Nitsche und greift zum Megafon. "Wir wollen ein Zeichen setzen", ruft sie. "Zu viel Lärm, zu viel Verkehr, zu viele Abgase, die uns krank machen - kämpfen Sie mit uns für die Südumfahrung." Jeder soll hingehen am 6. April, "damit wir uns keine Blöße geben, wie in Friedrichshafen", wo bei der Thermalbadabstimmung das Zustimmungsquorum von 30 Prozent der Wahlberechtigten nicht erreicht worden ist.

 

"Lasst uns loslaufen und demonstrieren!", ruft Nitsche. "Los geht's. Lasst uns zeigen, dass wir da sind!" Um acht Minuten nach drei heult die Sirene, die Lastwagen hupen, und der Zug setzt sich in Bewegung. Mittendrin: der Markdorfer Gemeinderat Dietmar Bitzenhofer (Freie Wähler), eingezwängt in seinen Fiat 500. Sein allererstes Auto, mit dem er später übermütig Kreise auf der leeren Bundesstraße drehen wird: "Wann hat man dazu schon mal Gelegenheit?"

 

An der Kreuzung am Bischofschloss biegt die Demo auf die Bundesstraße, die für eine halbe Stunde gesperrt ist und bis auf das Hupen paradiesische Ruhe verströmt. Markdorfs Polizeichef Günter Hornstein begleitet den Zug, und sogar Hans-Peter Walser, sein Chef aus Friedrichshafen, guckt nach dem Rechten. Alles okay, auf Markdorf ist Verlass. Keine Ausschreitungen, keine Krawalle, kein Zoff mit den Straßengegnern, die wenn überhaupt inkognito da sind. Man ist hier ja nicht in Hamburg.

 

Entlang der Straße gucken die, die nicht mitlaufen, neugierig aus den Fenstern. Die Weinsteig hinauf geht es bis zum Rathaus, wo Bürgermeister Bernd Gerber - der des Amtes wegen nur zugucken will - die Demonstranten erwartet und sich noch ein paar Markdorfer mehr dazugesellen.

 

Alfons Viellieber und Dieter Walliser, beide Gemeinderäte, der eine für die CDU, der andere für die Freien Wähler, klettern auf den Tieflader. "Der Durchgangsverkehr muss raus aus Markdorf", fordert Viellieber. "Die Anwohner brauchen dringend Entlastung. Wir müssen sie unterstützen." Und Walliser stellt die Markdorfer vor die Wahl: "Verkehrsentlastung - jetzt oder nie. Das hier ist eine historische Chance. Wer gegen die Südumfahrung ist, verhindert Verkehrsentlastung für Markdorf für Generationen."

 

Wer den Verkehr anderweitig loswerden wolle, dürfe sich nur noch von heimischem Obst ernähren und keine Bananen mehr kaufen, sagt Walliser, und ein bisschen passt es da ja, dass die versammelte Lokalprominenz just zu diesem Zeitpunkt herzhaft in bereit gestellte Bodensee-Äpfel beißt.

 

Das Wetter hält, der Bürgermeister ist zufrieden, und die beiden Organisatorinnen, Renate Nitsche und Elvira Liewer, sind es am Ende auch. Vorausgesetzt natürlich, die für heute, 10 Uhr, angekündigte Traktor-Demo der Straßengegner durch Markdorf hat auch nicht mehr Zulauf. Kommentar

 

(Stand: 28.03.2003 23:30)