Müller droht: "Dann lassen wir's halt bleiben"

 

SALEM - Landesverkehrsminister Ulrich Müller werden nach der Diskussion über die Straßenverkehrssituation in und um Salem gehörig die Ohren gedröhnt haben. Denn die Beiträge der Besucher der CDU-Veranstaltung im Neufracher Dorfgemeinschaftshaus "Prinz Max" haben zumindest eines klar gestellt: Beim Thema Straßenverkehr gibt es keine Klarheit und schon gar keine eindeutige Meinung - weil sich jeder Betroffene selbst der Nächste ist.

 

Von unserem Mitarbeiter Stefan Steinhauer

 

"Die große Resonanz zeigt, dass wir ein wichtiges Thema aufgegriffen haben", sagte der CDU-Ortsvorsitzende Dietmar Bertsche angesichts der gut 250 Gäste, die ins Dorfgemeinschaftshaus gekommen waren. Landesumwelt- und Verkehrsminister Ulrich Müller hatte sich angekündigt, um zur aktuellen Verkehrssituation und den Planungen zur Entlastung der betroffenenen Ortschaften Stellung zu beziehen. Dass der Herr Minister mit halbstündiger Verspätung anrückte, lag indes nicht daran, dass er im Verkehr stecken geblieben war. In einer vorherigen Diskussion sei es hoch hergegangen, entschuldigte sich Müller.

 

Hoch und vor allem kunterbunt sollte es hernach auch in Neufrach hergehen. Die von den Besuchern vorgetragenen Meinungen waren so vielfältig wie die Zahl der jeweils vom Straßenverkehr durch die Ortschaften betroffenen Anwohner. Zuzüglich all jener, die direkt oder indirekt vom Bau von Umgehungsstraßen betroffen wären. Minister Müller schien auf derlei Tohuwabohu ganz gut vorbereitet gewesen zu sein. "Wenn Ortsumgehungen nicht gewünscht werden, dann lassen wir's halt bleiben", eröffnete der Verkehrsminister den Abend. "Dann habe ich ein Problem weniger."

 

Die öffentlichen Diskussionen, die insbesondere von den Gegnern der Ortsumfahrungen von Markdorf, Bermatingen und dem Salemer Ortsteil Neufrach angeheizt werden, hatten Müller wohl zu dieser zurückhaltenden Einstellung geführt. Den Vorwurf, die aneinander gereihten Ortsumfahrungen würden letztlich als Hinterlandtrasse den Ausbau der B 31, den so genannten Planungsfall 7 entlang des Bodensee-Ufers, überflüssig machen, wollte Müller nicht gelten lassen. Selbst wenn der Planungsfall 7 erst nach dem Bau der Ortsumfahrungen kommen würde, "fährt doch kein normaler Mensch über Salem, wenn er von Überlingen nach Friedrichshafen will".

 

An dem Konzept Planungsfall 7 wolle er in jedem Fall festhalten. Wann es den Ausbau der B 31 zwischen Uhldingen und Friedrichshafen allerdings geben wird, darüber wollte der Abgeordnete keine Prognose abgeben. Zum Thema Prognose: An der Methodik und den Verkehrsprognosen des Planungsbüros Modus Consult ließ Müller keine Zweifel aufkommen. Mehr noch: Nachdem der Salemer Herbert Hanke seinen Vorwurf der "gefälschten Zahlen" wiederholte, riet ihm Müller: "Ziehen Sie sich warm an".

 

Aber nicht nur dieser Zwist war es, der ein wirkliches Vorankommen der Diskussion verhinderte. Waren es auf der einen Seite die derzeit vom Verkehrsaufkommen unmittelbar Betroffenen, die die Ortsumfahrung Neufrachs lieber heute als morgen hätten, rief das sofort den Protest anderer hervor. Bewohner aus den Außenbereichen, die durch eine Ortsumfahrung praktisch eine neue Straße vor die Nase gesetzt bekämen, machten sich lautstark bemerkbar. Und das waren eben keinesfalls nur Salemer Bürger, sondern auch Menschen aus Ahausen und Markdorf. So geriet der Abend zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung von mehreren Interessengruppen. Gebracht hat die Diskussion zumindest eine Erkenntnis: Die Probleme mit den Ortsdurchfahrten müssen in den jeweiligen Gemeinden gelöst werden. Dazu rief auch der Minister auf. "Das Problem liegt in den Händen der Bürger." Die müssten sich entscheiden. "Wenn Bermatingen das Angebot der Finanzierung einer Umfahrung durch das Land nicht annimmt, hätten wir Geld für eine andere Umfahrung", sagte der Verkehrsminister. Zeitgleich Geld für Umfahrungen von Bermatingen und Salem "ist im Moment nicht drin".

 

(Stand: 11.03.2003 23:30)