"80er-Sträßle" für den
Aufschwung oder Einfallstor für neuen Verkehr?
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MARKDORF - Südumfahrung
- Ja oder Nein? Vor dieser Frage stehen die Markdorfer
beim Bürgerentscheid am 6. April. Die zweistündige, emotionale Debatte im
Gemeinderat am Dienstagabend hat deutlich gemacht, dass es darauf keine
einfachen Antworten gibt. Lesen Sie, welche Argumente die Räte ins Feld geführt
haben.
Von unserem Redakteur
Martin Hennings
Bürgermeister Bernd
Gerber bezeichnete die Bürgerabstimmung als "Grundsatzentscheidung für die
Zukunft der Stadt". Markdorf stehe nur so gut da, weil die Weichen
rechtzeitig auf Wachstum gestellt worden seien. Und florierende Wirtschaft
brauche Straßen. Dass die Südumfahrung - ein "Tempo 80er-Sträßle", so
Gerber - zur Hinterlandtrasse werde, sei nicht vorstellbar. "Diese Stadt
wird immer Bürgermeister und Gemeinderäte haben, die das zu verhindern
wissen."
"Wer Straßen baut,
wird Verkehr ernten", brachte Helmut Faden (Umweltgruppe) seine Kritik auf
den Punkt. Das Verkehrsproblem der Region werde zu sehr durch die Brille des
Autofahrers betrachtet. Die Südumfahrung bringe neue Belastungen vor allem für Kluftern, Ittendorf und Riedheim.
Fraktionskollegin Barbara Klimmek äußerte die Sorge,
dass Ittendorf auf Jahre mit Verkehr belastet sei,
weil die seenahe Bündelungstrasse in naher Zukunft nicht gebaut werde.
Roland Hepting, der als einziger seiner CDU-Fraktion gegen die
Südumfahrung gestimmt hat, bezweifelte, dass der Verkehr nach Bau der Straße so
rollt, wie er soll. Schließlich sei die neue Strecke einen Kilometer länger als
die Route durch die Stadt. Staus befürchtet er beim Aldi-Kreisel, wo es schon
heute eng zugehe. Wenn dort Verkehr von der Südumfahrung dazukomme, sei eine
pünktliche Fahrt aller Schüler ins Bildungszentrum nicht mehr zu gewährleisten.
Hansjörg Renner
(Umweltgruppe) sprach sich für einen Tunnel unterhalb Markdorfs aus. Dass ein
solches Projekt teuer sei, dürfe nicht als einziges Argument stehen bleiben.
"Eine bessere und umweltverträglichere Lösung muss es uns wert sein, sie
finanziert zu bekommen", sagte Renner.
Elvira Liewer (CDU) gab zu Protokoll, warum sie "mit aller
Kraft für die Südumfahrung" kämpfe, "auch und obwohl ich in Leimbach
wohne". Die Südumfahrung sei die Verkehrslösung mit den meisten Vor- und
wenigsten Nachteilen. Und auch wenn die neue Straße für Leimbach zunächst
nichts bringe, ist nach Einschätzung Liewers sicher,
dass die östlichen Stadtteile ohne den Bau der Umfahrung auch in Zukunft
"gar nie nicht" in den Genuss einer Verkehrsentlastung kämen.
Maria Wirth (FW)
kritisierte, dass seitens der Straßengegner mit Halbwahrheiten taktiert werde,
ohne die Folgen eines Verzichts auf die Umfahrung klar zu benennen.
Für Gesprächsstoff
sorgte die Rolle der Landwirte, deren Grund und Boden für den Bau der Straße
gebraucht wird. Roland Hepting kritisierte, dass mit
den Bauern noch nicht verhandelt worden sei. Bürgermeister Gerber entgegnete,
dass man die Betroffenen umfassend informiert habe, konkrete
Grundstücksverhandlungen aber erst nach dem Bürgerentscheid geführt werden
sollen. Rolf Weiß (CDU), von Beruf Landwirt, sagte, dass Flurbereinigung
heutzutage mit weniger Konflikten als früher über die Bühne gingen. Er teilte
außerdem seine Ansicht mit, dass auch Biotope die Landwirtschaft belasteten.
Berufs- und Fraktionskollege Karl Ainser, selbst
Landbesitzer im Süden der Stadt, betonte, dass lange nicht alle Bauern gegen
die Straße seien. "Ich bin als betroffener Landwirt für die
Südumfahrung", sagte er und erntete Applaus von einem Teil der rund 50
Zuhörer.
Hitzig wurde es, als
Christiane Oßwald (Umweltgruppe) fragte, was genau
sich hinter dem Posten "12 000 Euro für Pressearbeit" im
Haushaltsplan verberge. Werbung für die Südumfahrung? Das Geld werde für eine
Broschüre verwendet, in der Befürworter und Kritiker
zu Wort kommen, sagte Bürgermeister Gerber. "Ich werde den Teufel tun und
Geld der Stadt für Straßenwerbung ausgeben." "Wie komm" ich bloß
auf so was", entgegnete Oßwald. "Da kennen
Sie mich und das Recht schlecht", war die Antwort des Schultes.
(Stand: 19.02.2003 23:30)