Harsche Kritik an Straßenplan

Bürgerinitiative bezieht Stellung zur Ortsumfahrung - Trinkwasser in Gefahr

Gespart wurde auf der Sitzung der "Bürgerinitiative für ein besseres Verkehrskonzept Bermatingen-Ahausen" in der Apfelscheuer nicht, weder an deutlichen Worten, noch an Spendengeldern der zahlreichen Gäste für die gebeutelten Kassen der Bürgerinitiative.

Bermatingen-Ahausen

von

siegfried amann

 

Bermatingen-Ahausen - Im Mittelpunkt der Sitzung standen die Kritik an der Vorplanung zur Ortsumfahrung, für die das Land die Kosten übernimmt, sowie die Präsentation eigener Alternativen: "Wenn man dem geschenkten Gaul ins Maul kuckt, dann findet man lauter faule Zähne", fasste Wolfgang Jürgensmeyer, der einen informativen Vortrag zum Sachstand hielt, das Fazit zusammen.

Die Kette von Ortsumfahrungen werde offensichtlich als leistungsstarke zweispurige Hinterlandtrasse konzipiert, dessen ist sich die Bürgerinitiative sicher. Das lasse sich aus entsprechenden Äußerungen verantwortlicher Politiker ableiten. Auch die Erklärung von Verkehrsminister Ulrich Müller zur Kostenübernahme durch das Land wird als Bestätigung der überregionalen Bedeutung gewertet. "Karten von 1979 weisen bereits exakt die heutige Straßenplanung aus, nur unter anderem Etikett", führte Jürgensmeyer aus. Da der Planfall 7, der Ausbau der seenahen Bundesstraße 31, frühestens in 40 Jahren zu erwarten sei, biete sich die Ortsumfahrungskette als Alternativlösung, die dann Fern- und Schwerlastverkehr als Ausweichstrecke anziehe. "4,7 Meter Höhe durchgängig, das ist schon was. Das genügt dem Schwerlasttransport". Die jetzige Ausführung der "Haslacher Trompete", die als Begründung, die Ortsumfahrung sei als Hinterlandtrasse ungeeignet, herangezogen werde, habe keinen Bestand, da sie von den betroffenen Landwirten gekippt werde: "Was dann kommt, das weiß keiner", so Jürgensmeyer.

Die vorgelegte Vorplanung basiere laut Bürgerinitiative auf zweifelhaften Prognosen: "Modus Consult arbeitet mit Zahlen, die wir nicht nachvollziehen können", erklärte der Sprecher. So weise die amtliche Zählung für 1995 in Bermatingen täglich 11670 Fahrzeuge, für 2000 mit 11000 Fahrzeugen sogar einen Rückgang um sechs Prozent aus. Die der Vorplanung zugrunde gelegten Prognosen von "Modus Consult" sprechen für 1998 von 14800 Fahrzeugen, für 2010 werden 17500 Fahrzeuge prognostiziert: "Die amtlichen Zahlen stimmen mit unseren Zählungen überein. Woher die hohen Zahlen von Modus Consult stammen, weiß keiner", kritisierte Jürgensmeyer. Auch die Vorhersage, der Bedarf an Straßen werde stetig steigen, stehe in krassem Widerspruch zu allen bekannten Prognosen, die aufgrund von Demographie und rasanter Kostenentwicklung Stagnation vorhersagen.

Was in den früheren Gutachten zur Autobahn 98 und zur Hinterlandtrasse 2a gegen die Trassenführung an gleicher Stelle gesprochen habe, das gelte für die neue Ortsumfahrung plötzlich nicht mehr. Der wichtige Kaltluftabfluss werde durch einen teilweise drei Meter hohen Damm unterbrochen. Eventuelle Lärmschutzmaßnahmen erforderten dann weitere zwei Meter. Auch die Gefährdung des Grund- und Trinkwassers spiele plötzlich keine Rolle mehr. Bereits zwei Meter unter der Oberfläche verliefen wasserführende Schichten. "Gefahrgutunfälle sind unmöglich abzusichern: Das ist ein oberfaules Ding für unser Grundwasser". Bei der damaligen Begründung für den Bau einer Autobahn sei das Grundwasser zweckmäßigerweise nach Westen geflossen, heute fließe es geschickterweise in die andere Richtung, schmunzelte Jürgensmeyer. Im Rahmen der "Altlastenanalyse" hat jüngst die Gemeindeverwaltung auf das sensible Strömungsgleichgewicht hingewiesen.

"Am einen Ende des Dorfes brechen wegen Geldmangel die Brücken zusammen, am anderen werden neue gebaut", wunderte sich Mathias Dilger. Er wies darauf hin, dass die geplante Ortsumfahrung gewaltige Folgekosten nach sich ziehe. So sei etwa die Feuerwehr nicht für die neue Gefahrensituation ausgerüstet: "Dann stehen unmittelbar Anschaffungen von locker einer Million Euro ins Haus, ganz zu schweigen vom Feuerwehrhaus, das dann den Anforderungen an Gefahrgutunfälle im trinkwassersensiblen Gebiet nicht genügt".