Am Rande des Eklats
hat sich die Ortschaftsratssitzung in Kluftern am Mittwochabend bewegt, wozu
auch die Stadtverwaltung kräftig beitrug. Mit fünf gegen vier Stimmen lehnte
der Rat sowohl die Neufassung und Änderung des Bebauungsplans als auch des
Flächennutzungsplans ab.
Friedrichshafen-Kluftern – Die ganze Sitzung geriet von
Anfang an auf die schiefe Bahn. Es begann damit, dass
Walter Zacke (Pro Kluftern) wissen wollte, ob die Tagesordnung geändert worden
sei, denn Michael Dingler von Modus Consult Ulm sollte das Verkehrsgutachten, das tags zuvor
schon im Immenstaader Gemeinderat Thema einer Sondersitzung war, vorstellen.
Auf der Tagesordnung findet sich davon nichts. Die stellvertretende
Ortsvorsteherin Beatrix Popp sagte, diese sei nicht geändert worden.
Es folgte die
Bürgerfragestunde als erster offizieller Tagesordnungspunkt, also bevor die
Räte über den Bebauungsplan und den Flächennutzungsplan entschieden. Der Saal war
rappelvoll. Eine Zuhörerin wollte wissen, wie viele Grundstücke inzwischen von
der Stadt gekauft worden seien. Der zur Sitzung gekommene Baubürgermeister
Stefan Köhler antwortete, dazu könne er wegen des Datenschutzes nichts sagen,
worauf Zacke und Bernd Caesar (SPD) im vorhielten, schon öffentlich Angaben
gemacht zu haben – nämlich dass für 30 Prozent der
Flächen Verträge bestehen.
In schon leicht gereizter
Stimmung wurden die Wahlvorstände für die Oberbürgermeisterwahl bestimmt, bevor
es zurück zur MTU-Ansiedlung ging. Norbert Schültke,
Leiter des Stadtplanungsamts, rollte noch einmal den ganzen Prozess
seit Bekanntwerden der MTU/Tognum-Wünsche bis zum
aktuellen Vorschlag mit jetzt 20,5 Hektar Flächenbedarf auf. Walter Zacke fand
die Reduzierung ja lobenswert, stellte aber fest: „Seit Salem gibt es eine
Steigerung der Grundfläche der Halle um 54 Prozent.
Mit jedem Vorschlag werde
sie größer, ohne dass er dafür eine Begründung in den
Unterlagen finde. Schültke und Köhler belehrten
Zacke, dass dies mit der Produktionssteigerung bei
MTU zusammenhänge. Zacke äußerte daraufhin den Verdacht, dass
die MTU von der Stadt instrumentalisiert werde, um größere Gewerbeflächen über
den MTU-Bedarf hinaus zu schaffen – was Köhler bestritt. Hanspeter Erhard (FWV)
meinte wütend, er sei schockiert: „Muss sich heute
eine Firma entschuldigen, wenn sie Aufträge hineinbekommt.“
Es ging hin und her und die
Versammlung kam zum Thema Verkehr. Bernd Caesar (SPD) wandte sich gegen die bei
der Standortsuche im Gutachten des Regionalverbands Bodensee-Oberschwaben
angewandte Methode bezüglich der Verkehrsbelastung, die vor allem die Belastung
durch den MTU-Werksverkehr beim Vergleich der möglichen Standorte abhebt.
Köhler und Schültke blockten diese Diskussion ab. Das
sei nicht ihre Aufgabe. Caesar solle sich beim Regionalverband beschweren.
Daraufhin wollten die Räte von Pro Kluftern und SPD vor der Abstimmung die
Verkehrsuntersuchung von Modus Consult hören –
geplant war sie anschließend. Wolfgang Sigg (SPD):
„Wir haben einen Anspruch darauf, alle relevanten Informationen, die da sind,
zu bekommen, bevor wir über den Aufstellungsbeschluss
entscheiden.“ Köhler und Schültke versuchten dies mit
sicher korrekten verwaltungsrechtlichen Argumenten abzublocken – mussten dann aber nachgeben, da der Unwille immer größer
wurde.
Michael Dingler
stellte daraufhin die Verkehrsuntersuchung von Modus Consut
Ulm vor, über die wir gestern ausführlich aus dem Immenstaader Gemeinderat
berichtet haben. Deshalb nur kurz an dieser Stelle: Natürlich steigt der
Verkehr auf der L207 und diese ist schon heute in Spitzenzeiten an der
Belastungsgrenze. Der größte Teil des neuen Verkehrs kommt aber nicht von der
MTU sondern aus den Immenstaader Gewerbegebieten. Gelöst werden soll dies in
Kluftern durch einen Minikreisel am Scharfen Eck. Entspannter wird die ganze
Lage aber erst, wenn die B 31 neu und die Ortsumgehungen Kluftern und Markdorf
fertig gebaut werden, so Dingler.
Es kam zur Abstimmung. Fünf
Räte von Pro Kluftern und SPD stimmten dagegen, vier von der CDU, der FWV sowie
Beatrix Popp dafür. Sigg erklärte, dies sei kein
Votum gegen die MTU, sondern lediglich gegen diese Planung. Dem schlossen sich
die anderen vier Ortschaftsräte an. Daraufhin ließ sich Schültke
zu der Bemerkung hinreißen: „Sie haben doch dagegen gestimmt, also sind Sie
gegen die MTU.“ Sofort kam geballter Widerspruch. Köhler beruhigte wieder, aber
die Stimmung war nun völlig im Eimer.
Scheinbar ruhig bestimmte
der Ortschaftsrat Walter Zacke, Bernd Caesar und Peter Schwarzott
(FWV) als Besetzung für den Vermittlungsausschuss mit
dem Gemeinderat. Doch unter Verschiedenes entgleiste die Sitzung wieder. Caesar
wollte wissen, warum das Klufterner Feuerwehrhaus 500
000 Euro teurer sei als das neue Feuerwehrhaus in Oberteuringen. Gereizt durch
den beständigen Widerstand der Bebauungsplangegner fuhr Köhler Caesar an: Ob er
seine Mitarbeiter diskreditieren wolle? Man könne das Klufterner
Feuerwehrhaus auch gerne billiger ausstatten. Schließlich beruhigten sich alle
wieder und es ging in den nichtöffentlichen Teil, wo über den Stand des
Grundstückserwerbs informiert werden sollte. Den neuen Ortsvorsteher Michael Nachbaur, der am 15. April sein Amt antritt, erwartet viel
Vermittlungsarbeit.