"Wir wollen nicht werden wie das Ruhrgebiet"

KLUFTERN (elo) Die Bürgerinitiative Pro Kluftern fühlt sich mit dem Thema zwar überfordert, die gleichnamige Wählervereinigung ist jedoch entschlossen, Widerstand zu leisten gegen das geplante MTU-Gewerbegebiet südlich von Kluftern. Darüber waren sich 14 Mitglieder der Bürgerliste Pro Kluftern bei einer Versammlung am Dienstag einig.

"Das ist ja größer als die Ortschaft" - ein Raunen geht durch die Versammlung, als Walter Zacke eine Folie auflegt, um das Ausmaß des geplanten Gewerbegebiets an der L 207 zu zeigen. Dazu erinnert der Klufterner Ortschaftsrat an die siedlungspolitischen Leitlinien der Stadt: Darin wird attraktives Wohnen in Kluftern versprochen. Außerdem heißt es, dass Freiräume zwischen den Siedlungsgebieten erhalten und vernetzt werden sollen.

Das geplante MTU-Logistikzentrum südlich von Kluftern ist aus Zackes Sicht ein klarer Verstoß gegen diese Richtlinien. "Wir wollen nicht so was werden wie das Ruhrgebiet", sagt auch Adalbert Kühnle. Es genüge jedoch nicht, nur "nein" zu sagen zu den Plänen der Stadt. Man müsse Alternativen finden. Das fordert auch Ortschaftsrätin Rita Polzer. "Einfach nur ablehnen - da kriege ich Bauchweh", sagt sie. Polzer meint, dass ein kleineres Gelände für die MTU im Stadtgebiet leichter unterzubringen sei: "22 Hektar in der Stadt zu finden wird schwer", vermutet die Ortschaftsrätin. "Aber die Hälfte tut"s auch." Zacke findet es "auch gegenüber der MTU unverantwortlich", zu sagen, südlich von Kluftern sei der einzig mögliche Standort. Der Ortschaftsrat sieht durchaus Alternativen, etwa in Hirschlatt oder Kressbronn. Immerhin könne es sein, dass nicht alle Grundstückseigentümer bei dem Projekt mitziehen.

Artur Rudolf hofft, dass "ein bis zwei Eigentümer so viel Rückgrat haben, den Verkauf ihrer Grundstücke zurückzuhalten, bis die Fakten auf dem Tisch liegen". Nach Auskunft seines Bürgerlistenkollegen Kühnle gibt es durchaus Landwirte, die nicht verkaufen wollen. Ortschaftsrätin Beatrix Popp hat dagegen den Eindruck, dass die Stimmung im Ort "eher dafür" sei. Was die Fakten angeht, setzen die Mitglieder der Bürgerliste Pro Kluftern auf die öffentliche Sondersitzung des Ortschaftsrats am 15. Juli. Sie wollen vor allem wissen, welche zusätzliche Verkehrsbelastung auf die Ortschaft zukommen würde. Falls sich der Gemeinderat am 17. Juli für die Änderung des Flächennutzungssplans (FNP) und für die Entwicklung eines Bebauungsplans für ein Gewerbegebiet Kluftern-Süd ausspricht, würde es rund ein Jahr dauern, bis der neue FNP rechtskräftig wird, schätzen Mitglieder der Wählervereinigung.

"Moralische Verpflichtung"

Rita Polzer, Annedore Schmid, Beatrix Popp und Walter Zacke haben den Mitgliedern der Bürgerliste aus dem Ortschaftsrat berichtet. "Wir haben eine Menge auf den Weg gebracht", sagt Annedore Schmid. Im Rat herrsche eine gute Atmosphäre, und Ortsvorsteher Clifford Asbahr beantworte alle Anfragen schnell und ausführlich. Die Räte hätten jedoch auch schmerzhafte Erfahrungen gemacht: Immer dann, wenn die Stadt ihnen ihre Wünsche abgeschlagen habe. "Wir sind halt nur ein Teilort", klagt die Rätin. Auch ihre Kollegin Beatrix Popp berichtet: "Wir sind viel kritischer geworden als früher, aber wir haben auch öfter den Kopf gewaschen gekriegt." Walter Zacke will beim Gemeinderat die "moralische Verpflichtung" einfordern, nicht über Entscheidungen des Ortschaftsrats hinwegzugehen.

(Erschienen: 26.06.2008)