18.06.2008 02:01



Friedrichshafen

"Es geht um die Arbeitsplätze"

VON KERSTIN MOMMSEN

Der geplante Bau des Materialwirtschaftszentrums (MWZ) der MTU in Kluftern ist ein großes Thema in der Stadt. Auch dem Betriebsratsvorsitzenden der MTU, Patrick Müller, liegt das Thema sehr am Herzen. Er startete zusammen mit der IG Metall letzte Woche eine Unterschriftenaktion für die geplante Erweiterungsfläche. Für ihn stehen die Arbeitsplätze, die mit dem MWZ zusammenhängen, im Vordergrund.

Wie stehen Sie grundsätzlich zum Thema MWZ in Kluftern?

Grundsätzlich ist der Bau dort eine gute Geschichte. Dabei steht das Logistikzentrum natürlich auch im Zusammenhang mit dem Werk für die neue 1600er-Baureihe. Wenn man sich anschaut, dass im MWZ 150 bis 200 neue Arbeitsplätze entstehen und dann im geplanten Werk noch mal 250, dann ist dort für mich ein klarer Zusammenhang zu erkennen.

Warum haben Sie die Unterschriftenaktion für den Bau in Kluftern gestartet?

In Salem hat man ja erlebt, wie das sein kann, wenn man sich einer Sache zu sicher ist. Dort wurde eigentlich alles korrekt gehandhabt, alle zuständigen Gremien eingebunden. Allerdings hat man dann die Bevölkerung unterschätzt. Deswegen entstand dort die Bürgerinitiative. Das darf hier nicht passieren.

Und deswegen machen wir hier eine positive Aktion. Wir als Betriebsrat haben hier kein wirtschaftliches Interesse - unser Interesse sind die Arbeitsplätze. Deswegen wollen wir mit der Unterschriftenaktion einer möglichen Gegenkampagne den Wind aus den Segeln nehmen.

Haben Sie Verständnis für die Sorgen der Klufterner Bürger?

Ich arbeite gerne hier und ich lebe auch gerne hier. Ich genieße natürlich auch die Landschaft und deren Vorzüge. Aber die Arbeitsplätze in der Region sind auch wichtig, von der Landschaft alleine können wir nicht leben. Wo kommt denn die Wirtschaftskraft in dieser Region her? Zehn Prozent kommen vom Tourismus, dem Obst- und Ackerbau. Der Rest von Industrie und Handwerk. Trotzdem habe ich natürlich Verständnis für jeden Einzelnen, der dort sein Häuschen hat und jetzt so einen Klotz vor die Nase gesetzt bekommt. Was aber jeglicher Grundlage entbehrt, ist die Geschichte mit dem Lkw-Verkehr. Der wird über den Dornier-Knoten und die B31 gehen. Keiner wird durch Kluftern fahren.

Entstehen denn wirklich 150 neue Arbeitsplätze?

Ja. Allerdings keine MTU-Arbeitsplätze. Die werden vom Betreiber des Materialwirtschaftszentrums gestellt. Wer das ist, ist noch nicht klar.

Was geschieht mit den Arbeitsplätzen der zehn anderen Standorte, die geschlossen werden sollen?

Dort sind es ja nicht typische Lager, sondern da handelt es sich teilweise um Scheunen. Das betrifft ein paar Arbeitsplätze, die Mitarbeiter sind jeweils bei den Betreibern. Die werden wohl eine andere Beschäftigung bekommen.

Warum muss das 1600er-Motorenwerk direkt neben dem MWZ in Kluftern gebaut werden?

Das ist im Sinne der Belegschaft. Wir haben mit der Geschäftsführung einen Standort- und Beschäftigungssicherungs-Vertrag gemacht. Darin ist vereinbart, dass die 1600er-Reihe in Deutschland, speziell in Friedrichshafen, montiert wird. Dafür haben die Mitarbeiter insgesamt 34 Millionen Euro in Form von kostenlosen Arbeitsstunden eingebracht, um die Kostenbelastung des 1600er zu verringern. Das setzt aber natürlich auch voraus, dass man eine Fläche hat, auf der man das dann auch bauen kann.

Was wäre, wenn die MTU das Werk dann doch nicht dort baut, schließlich behält man sich vor, dies nur als "Option" zu betrachten?

Dass die Firma da ein bisschen vorsichtig ist, ist doch klar. Da sollen 25000 Stück dieser neuen Motoren gebaut werden. Da muss natürlich erst die Wirtschaftlichkeit geprüft werden. Aber wir haben einen klaren Vertrag, dass hier gebaut werden soll.

Hätten Sie sich auch andere Gebiete in Friedrichshafen vorstellen können?

Ich war persönlich dabei, als uns von der Stadt vier Optionen dargestellt wurden. Das Gelände in Ettenkirch war interessant, auch weil da nur wenige Bürger beeinträchtigt wären. Beim Thema Seewald hätte eine Abholzung erfolgen müssen und da war relativ schnell klar, das Ding würde sich hinauszögern. Fischbach war schnell wieder vom Tisch.

 

 

Patrick Müller

Patrick Müller ist Betriebsratsvorsitzender der MTU in Friedrichshafen. Gleichzeitig ist er stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Tognum AG. Er wurde 1968 in Homburg an der Saar geboren. Seit 1990 arbeitet er bei der MTU, er begann dort als Industriemechaniker-Lehrling. Seit 1998 ist er als Betriebsrat freigestellt, seit August 2007 Vorsitzender.