FRIEDRICHSHAFEN
In
nichtöffentlicher Sitzung am späten Montagabend hatte sich ein einziges
Gemeinderatsmitglied gegen die Ausweisung des rund 20 Hektar großen
Gewerbegebiets zwischen Immenstaad und Kluftern ausgesprochen, drei Kollegen
hatten sich enthalten. Fazit von Oberbürgermeister Josef Büchelmeier:
Das Gremium stehe mit "überwältigender Mehrheit" hinter dem Vorschlag
der Verwaltung. Die wird nun einen Satzungsbeschluss vorbereiten, über den dann
am 17. Juli im Rat abgestimmt wird. Danach gibt’s eine öffentliche
Bürgerinformation, wird der Flächennutzungsplan geändert, der das Gebiet
bislang zumindest teilweise als regionalen Grünzug ausweist, und es stehen
Gespräche mit den insgesamt 42 Grundstückseigentümern an. Von denen habe sich
bislang keiner total quergestellt, so der OB. Erster Bürgermeister Hornung
appelliert "an die soziale Verantwortung" der Grundstückseigentümer,
sich ebenso in der Pflicht zur Sicherung des Industriestandortes
Friedrichshafen zu sehen wie die Stadtverwaltung. Hornung weiß: "Der
Grunderwerb ist die Schlüsselfrage. Sofern wir die lösen, ist das Projekt schulterbar – wenn auch sicher nicht ohne Gegenwind."
In der Tat gibt es bereits
etliche Stimmen aus Kluftern, die sich im Gegensatz zu ihrem Ortsvorsteher
ziemlich darüber aufregen, dass sie nun die Suppe auslöffeln sollen, welche die
Salemer ihnen eingebrockt haben – dort wollte man das
MTU-Logistikzentrum bekanntlich nicht haben. Einem etwaigen Bürgerbegehren in
Friedrichshafen räumt Hornung freilich schlechte Chancen ein – würden über ein
solches doch alle Häfler Bürger und nicht allein die Kluftinger abstimmen.
Wobei der OB versucht, Klufterner Befürchtungen zu zerstreuen: Ein Großteil des
MTU-Verkehrs rolle heute schon durch den Ort, darunter viele Leerfahrten. Dank
Logistikzentrum könne die MTU den Verkehr logistisch besser strukturieren und
beispielsweise über die B 31 statt durch Kluftern leiten. Darauf setzt auch
Clifford Asbahr, der den zusätzlichen Verkehr
"für steuerbar" hält. Er ist sich mit den Dezernenten einig darin,
dass man mit dem neuen Gewerbegebiet ein politisches Signal für die gesamte
Region setzt. Hornung hält die Ausweisung daher für gerechtfertigt, auch wenn
die MTU bei der Erstellung des aktuellen Flächennutzungsplans vor drei Jahren
zunächst keinen zusätzlichen Bedarf angemeldet hatte. Kommentar
Die Betriebsräte von MTU
und ZF starten mit der IG Metall eine Unterschriftenaktion für das
Logistikzentrum in Kluftern. Man wolle damit deutlich machen, "dass
Arbeitsplätze bei der MTU Sicherheit für Familien und Zukunft für die Region
bedeuten", macht MTU-Betriebsratschef Patrick Müller in der
Pressemitteilung klar. Friedrichshafen hat eine hervorragende
Industriestruktur, die auch in Zukunft erhalten werden müsse, heißt es in einer
Pressemitteilung der IG Metall. Zukunftssicherung und damit auch
Beschäftigungssicherung für viele Familien werde mit dem Bau dieses
Materialwirtschaftszentrums realisiert. In der Perspektive soll das Gelände
zwischen Friedrichshafen-Kluftern und Immenstaad auch
noch für die Montage des neuen Motors Baureihe 1600 (BR 1600) bestimmt sein.
Damit, so Patrick Müller,
Betriebsratsvorsitzender bei Tognum/MTU, werden 450
bis 500 Arbeitsplätze geschaffen. Weitere Arbeitsplätze kommen durch
Beauftragung vieler regionaler Kleinbetriebe und Handwerker hinzu. Kaufkraft
wird gestärkt, die Region gewinnt weiteres Potenzial. "Wir ZF’ler freuen uns, wenn die MTU in unserer Region gestärkt
und ausgebaut wird", so Hans Kirchgässner,
Betriebschef der ZF in der Mitteilung. "Arbeitsplätze in dieser
Größenordnung hier zu haben und auszubauen heißt aktive Zukunftssicherung. Lilo
Rademacher, Erste Bevollmächtigte der IG Metall Friedrichshafen-Oberschwaben,
appelliert an die Besitzer, der ins Auge gefassten Fläche in Kluftern, zu
verkaufen und somit den Weg freizumachen für den Bau des
Materialwirtschaftszentrums und einer Fertigungsstätte für die Montage der
Baureihe 1600. (sz)
(Erschienen: 11.06.2008)