OB Brand zum B30-Ausbau: „Schier vom Stuhl gefallen“

OB Andreas Brand und Bündnis Pro B 31 reagieren empört und enttäuscht auf Berliner Straßenbaupläne

 

Von Gunnar M. Flotow

„Wortbruch“, „brutale Sauerei“, „politischer Skandal“. Erwartungsgemäß heftig ausgefallen sind die Reaktionen in Friedrichshafen auf die Verlautbarung des Ravensburger CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Andreas Schockenhoff, dass die Finanzierung der B 30 Ravensburg-Süd in trockenen Tüchern sei.

In einem eilig einberufenen Pressegespräch erklärte der Häfler Oberbürgermeister Andreas Brand, dass er bei der morgendlichen Lektüre der Zeitung „schier vom Stuhl gefallen“ sei. Mit „geballter Faust in der Tasche“ stelle er sich die Frage, wie man angesichts der jüngsten Entwicklung mit Versprechen von Politikern umgehen soll. Der eine Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Jan Mücke (FDP), erkläre Mitte November, dass sich sein Haus an die Priorisierung des Landes halte und – wenn überhaupt Geld da ist – die B 31 zuerst gebaut werde. Der andere Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Dr. Andreas Scheuer (CSU), sage nur drei Wochen später die Finanzierung der B 30 zu. „Da habe ich ein absolutes Problem damit, das nachzuvollziehen“, stellte Brand klar. Die Tatsache, dass zudem der Biberacher CDU-Abgeordnete Josef Rief den Durchbruch für die Ortsumfahrung Unlingen meldete, bestärkt den Häfler OB in seiner Meinung, dass in Berlin nicht nach Dringlichkeit, sondern „nach politischem Kalkül“ entschieden werde.

So sehen’s auch die Vertreter des „Bündnis Pro B 31“. CDU-Mann Norbert Fröhlich zeigte sich „maßlos enttäuscht“. Für ihn ist die Zusage des Bundes in Richtung Ravensburg „politisch ein Skandal“. Er vermutet, dass andere in der CDU/CSU-Landesgruppe einen besseren Draht ins Bundesverkehrsministerium haben als Lothar Riebsamen, der CDU-Abgeordnete des Bodenseekreises. Seiner Meinung nach haben offenbar Absprachen stattgefunden, „und Staatssekretär Scheuer hat diese Mauscheleien akzeptiert“. Dieter Stauber (SPD) erinnerte daran, dass durch die vom Bund ausdrücklich begrüßte Priorisierung „neue Fakten geschaffen“ wurden – transparent und nachvollziehbar. „Wenn jetzt alle zwei Wochen eine neue Verkündigung zum Thema Straßenbau kommt, führt das zu Verunsicherung und Politikverdrossenheit.“ Eberhard Ortlieb von den Freien Wählern nannte es „einen Hammer, eine brutale Sauerei, dass der Bund seine eigenen Vorgaben ignoriert“. Bündnis-Chef Rolf Schilpp stellte klar: „Wir sind von unseren politischen Repräsentanten angelogen worden.“

Lothar Riebsamen, der vor dem Pressetermin mit Bündnis und OB die neue Lage erörtert hatte, erklärte, „dass ich den Unmut verstehen kann“. Für den Bund sei möglicherweise entscheidend gewesen, dass es in der Region jahrelang den Konsens „B 30 vor B 31“ gegeben habe. Außerdem sei die B 30 schon seit sechs Jahren planfestgestellt, die B 31 erst seit knapp drei Jahren. Riebsamen vermutet, dass die „Haltung des Landes ,Abfinanzierung vor Neufinanzierung‘ Ramsauer gerade recht gekommen“ sei.

Die große Frage ist jetzt natürlich: Was tun? „Ich habe in acht Tagen ein Gespräch mit Staatsekretär Scheuer. Dort werde ich ihm unsere Argumente noch einmal darlegen“, kündigte Lothar Riebsamen an. Andreas Brand forderte Abgeordnete und Entscheider auf, sich endlich an einen Tisch zu setzen und zu reden.

Das Bündnis Pro B 31 wird indes weniger auf Worte, sondern vielmehr auf Taten setzen. Eberhard Ortlieb ließ wissen, dass mit der bisherigen Zurückhaltung gebrochen und man künftig versuchen werde, durch „aggressive und progressive Aktionen“ den politischen Druck auf die Entscheidungsträger in Berlin zu erhöhen.

(Erschienen: 04.12.2012 22:00)