Bodenseekreis/Kreis
Sigmaringen - Von Bundesstraßen, Maut und Rüstungsindustrie: Wie
stehen die Direktkandidaten Alexander Gaus (Bündnis 90/Die Grünen), Annette
Groth (Die Linke), Jochen Jehle (SPD), Lothar Riebsamen (CDU) und Hans-Peter Wetzel zu Fragen aus dem
Bereich "Wirtschaft und Verkehr"?
Wie beurteilen Sie die
Bemühungen um den Ausbau der B31? Sind diese Ihrer Meinung nach unterstützenswert?
Alexander Gaus, Bündnis
90/Die Grünen: Wir brauchen eine Verkehrsentlastung in der
Bodenseeregion. Hierbei ist es wichtig, in zusammenhängenden Strukturen aller
Verkehrsmittel zu denken. Die Landesregierung hat die in den Verkehrswegeplan
eingestellten Projekte anhand nachvollziehbarer Kriterien klar priorisiert. Die
Bundesregierung lehnt eine solche Priorisierung ab, weil sie weiß, dass die
Mittel für alle geplanten Projekte nicht vorhanden sind. Für eine nachhaltige
Verkehrsentlastung und bessere Verkehrsanbindung für unsere Region werde ich
mich auch im Bundestag stark machen.
Annette Groth, Die
Linke: Der Ausbau der B31 mit wechselseitigen Überholspuren ist
ein Schritt in die richtige Richtung. Einen vierspurigen Ausbau der B31 halte
ich nicht für sinnvoll. Aber, ausgerechnet Hagnau
wird in die B 31 nicht integriert, die Westumgehung ist lediglich 7,1 km lang
und kostet insgesamt 108 Millionen Euro, das sind 14 Millionen Euro pro
Kilometer. Meiner Meinung nach ist das zu teuer. Durch einen Ausbau des
Öffentlichen Verkehrs inklusive der Gürtelbahn könnte wesentlich schneller und
besser eine Verkehrsentlastung in der Region erreicht werden, das schont
auch Mensch und Umwelt.
Jochen Jehle, SPD: Das lokale parteiübergreifende
Bündnis für die B31 finde ich wichtig. Obwohl die grün-rote Landesregierung die
B31 in der Liste der wichtigsten Projekte ganz oben positioniert hat, hat die
schwarz-gelbe Bundesregierung die B30 vorgezogen. So kann man mit unserer
Region nicht umgehen! Die Möglichkeit einer Vorfinanzierung durch die regionale
Industrie finde ich überlegenswert.
Lothar Riebsamen, CDU: Nicht nur unterstützenswert, sie sind unabdingbar. Der Einsatz Aller
ist verantwortlich dafür, dass wir bereits drei Jahre nach Planfeststellung -
ein vergleichsweise kurzer Zeitraum - mit 1,6 Millionen Euro zur Verlegung des
Mühlbachs ein deutliches Signal des Bundes zum Ausbau bekommen haben. Damit
sind Baumaßnahmen fest im Bundeshaushalt verankert. Zu Beginn der
Legislaturperiode hatte die B31 noch keine Priorität, denn erst mit Beschluss
der Planfeststellung 2010 war der Bau rechtskräftig.
Hans-Peter Wetzel, FDP:
Seit Jahren begrüße und unterstütze ich alle Bemühungen zum Ausbau der B31, da
dieses Thema absoluten Vorrang hat. Unsere Region leidet seit Jahren darunter,
dass wir im Bodenseekreis nur noch im Stau stehen.
Alexander
Gaus, Bündnis 90/Die Grünen: Eine Elektrifizierung ist
sinnvoll, um die Strecke der Südbahn und
Bodenseegürtelbahn ins vorhandene Schienennetz besser zu integrieren. Darüber
hinaus bedarf es eines weiteren Ausbaus des Schienennetzes, um eine
halbstündige Vertaktung zu erreichen und den IRE-Sprinter
zu erhalten. Bis zur vollständigen Elektrifizierung kann der Einsatz von Zügen
mit Hybridantrieb gegebenenfalls als Zwischenlösung dienen.
Annette Groth, Die
Linke: Ich unterstütze die Forderung zur Elektrifizierung der Südbahn, da auch Strom aus erneuerbaren Energien
genommen werden könnte. Ausdrücklich unterstütze ich den Ausbau der Südbahn auf zwei Trassen. Ich hoffe, dass die
Ankündigung des Bundesverkehrsministeriums, die benötigten Gelder ab 2015 dafür
zur Verfügung zu stellen, nicht nur ein Wahlversprechen ist, sondern auch
realisiert wird.
Jochen Jehle, SPD: Die Elektrifizierung wird nicht
gemacht, weil Elektroloks so toll sind, sondern weil es um die durchgehende
Anbindung ab Ulm bzw. Lindau geht. Dieser Elektrifizierung wird eine hohe
Wirtschaftlichkeit bescheinigt und sie nutzt der Region.
Lothar Riebsamen, CDU: Sicher ist sie nötig. Um
von uns aus in einen elektrifizierten Bezirk wie Ulm oder Vorarlberg fahren zu
können, benötigen wir auch den elektrifizierten Zug. Fahrzeiten werden so
deutlich reduziert.
Hans-Peter Wetzel, FDP:
Die Elektrifizierung der Südbahn ist absolut
notwendig, insbesondere auch im Hinblick auf das Projekt Stuttgart 21.
Dieselloks, auch mit Hybridantrieb, können in den tiefergelegten Bahnhof nicht
einfahren.
Alexander
Gaus, Bündnis 90/Die Grünen: Viele von der Bundesregierung
im Bundesverkehrswegeplan eingestellte Vorhaben sind nicht ausreichend
finanziert. Zu diesen Vorhaben zählt auch der Neubau der B31. Auch eine
Finanzierungszusage von 1,5 Prozent ändert nichts an der Situation, dass die
Mittel für den hohen Anteil an nichtfinanzierten Neubauversprechungen im Bund
fehlen. Grundlage für die Bundesverkehrsnetzplanung muss ein
Gestaltungsszenario mit überprüfbaren Zielen und nachvollziehbaren
Priorisierungskriterien sein. Dies wollen wir mit einer Weiterentwicklung des
Bundesverkehrswegeplans zu einem Bundesmobiltätsplan
erreichen.
Annette Groth, Die
Linke: Aufgrund der Unterfinanzierung des
Bundesverkehrswegeplanes ist der Beginn der Bauarbeiten völlig offen. Ob
die jetzige Ankündigung nur „Wahlkampfgetöse“ ist, um den Menschen Hoffnungen
zu machen, wird sich zeigen. Wenn der Bund zahlt, könnten wir den Spatenstich 2015
erleben; das Planstellungsverfahren ist ja abgeschlossen.
Jochen Jehle, SPD: Mit einer Regierungsbeteiligung
der SPD steigen die Chancen für einen Spatenstich in naher Zukunft, da wir 2
Milliarden Euro (+ 20 Prozent) mehr Geld in die Verkehrsinfrastruktur stecken
wollen.
Lothar Riebsamen, CDU: Ich, wir alle kämpfen dafür.
Hans-Peter Wetzel, FDP: Ich
hoffe und wünsche sehr, dass wir 2015 den Spatenstich zum Neubau der B 31
erleben werden. Das wird ein Fest für den Bodenseekreis.
Alexander
Gaus, Bündnis 90/Die Grünen: Als Schiffsverbindung über den
See ist der Katamaran seit einigen Jahren ein von Touristen, Einheimischen und
Pendlern genutztes Verkehrsmittel. Um die Verkehrsanbindung des gesamten
nördlichen Bodenseeufers zu stärken, wäre ein Ausbau der Schnellbusse über die
Fähre Staad-Meersburg für viele Reisende und Pendler
ein Gewinn.
Annette Groth, Die
Linke: Nein, der Katamaran ist vergleichsweise ein teures
Verkehrsmittel und wird immer auf Zuschüsse angewiesen sein. Die
Stadtwerke Konstanz und die Technischen Werke Friedrichshafen (TWF) müssen
jährlich 400 000 Euro bezahlen, um das Defizit auszugleichen. Wenn der
Treibstoffpreis weiter steigt, wovon in den nächsten Jahren auszugehen
ist, dürfte dieses Defizit größer werden.
Jochen Jehle, SPD: Der Katamaran ist ein lokales
Verkehrsmittel, über dessen Nutzen und Finanzierung die daran Beteiligten vor
Ort beschließen müssen. Unentbehrlich finde ich den Katamaran nicht.
Lothar Riebsamen, CDU: Den Katamaran lediglich auf
den Kosten-Nutzen-Effekt zu reduzieren greift meiner Ansicht nach zu kurz. Aber
letztlich entscheiden die beteiligten Gemeinden.
Hans-Peter Wetzel, FDP:
Beim Katamaran bin ich zurückhaltend. Er war meines Erachtens für den Bodensee
nicht notwendig.
Alexander Gaus, Bündnis
90/Die Grünen: Seit vielen Jahren setzen wir Grünen uns für
eine Bodensee-S-Bahn ein. Eine attraktive öffentliche Verkehrsinfrastruktur und
nachhaltige Mobilität in unserer Region schaffen wir nur mit einem gut
abgestimmten und vertakteten Schienenverkehr. Wir
fordern deshalb eine flächendeckende Elektrifizierung und einen Ausbau des
Schienennetzes der Bodenseegürtelbahn, um eine halbstündige Vertaktung
am nördlichen Seeufer zu erreichen und den IRE-Sprinter nach Ulm zu erhalten.
Annette Groth, Die
Linke: Eine sehr gute Idee! Die Schweizer und die
Österreichische Bahn sind bereits getaktet und es wäre für Bevölkerung wie für
Touristen von großem Vorteil, wenn eine umfassende S-Bahn die Bodensee
Region untereinander verbinden würde. Eine S-Bahn hätte zudem den großen
Vorteil, dass sich der Verkehr auf den Straßen erheblich reduzieren würde.
Jochen Jehle, SPD: Ich bin für eine
Angebotsverbesserung auf der Gürtelbahn. Die diesbezüglichen Planungen des
Bodenseekreises zeigen auf, wie man in kleinen Schritten (anders geht es meiner
Meinung nach nicht) dem Ziel eines 30-Minuten Takts näher kommt und später auch
darüber hinaus. Bis eine Elektrifizierung verwirklicht werden kann, dauert es
sichern noch Jahrzehnte. Für eine bessere Vertaktung
des Schienenverkehrs um den See benötigt man nicht notwendigerweise
umsteigefreie Verbindungen.
Lothar Riebsamen, CDU: Das ist eine sehr
interessante Vision. Aktuell und für die nächsten Jahre geht es jedoch darum,
die Südbahn zu elektrifizieren und zu Verbesserungen
bei der Bodenseegürtelbahn zu kommen, die in meinen Augen als Erfolgsgeschichte
betrachtet werden kann.
Hans-Peter Wetzel, FDP: Ich
hoffe und wünsche ebenfalls, dass die Bodensee-S-Bahn, die alle Länder rund um
den Bodensee verbindet, bald möglichst gebaut wird. Dadurch wird der Bodensee
noch internationaler. Die Städte um den Bodensee rücken dadurch näher zusammen.
Wir sind dann wirklich ein See.
Alexander Gaus, Bündnis
90/Die Grünen: Ein Flughafen muss sich selbst
tragen können, um dieses Ziel zu erreichen muss er in angemessenem Maße gebaut
werden. Der Flughafen Friedrichshafen erzielt nur die Hälfte der angenommenen
Passagierzahlen und zeigt auch im aktuellen Jahr rückläufige Fluggastzahlen.
Eine Förderung mit öffentlichen Mittel muss immer gut begründet sein. Es gilt
den Nutzen und die Kosten für die Allgemeinheit abzuwägen.
Annette Groth, Die
Linke: Nein. 2012 fiel die Zahl der Passagiere um 4,7
Prozent auf 545121 Passagiere; das ist fast die Hälfte der vor Jahren
prognostizierten Zahl von einer Million Fluggäste. Das Defizit erhöhte sich um
1,9 Millionen Euro, von 2,7 Millionen Euro in 2011 auf 4,6 Millionen Euro 2012.
Der Bodenseekreis und die Stadt Friedrichshafen müssen in diesem Jahr jeweils 3,5
Millionen Euro bereitstellen, um die Liquidität zu sichern. Nicht nur in
Friedrichshafen sinken die Flugpassagierzahlen, sondern auch in anderen
Flughäfen. D.h. eine Zunahme der Fluggäste ist eher unwahrscheinlich, falls
dann noch eine längst überfällige Steuer auf Kerosin komme sollte, werden die
Flugpreise steigen, die Passagierzahlen weiter sinken, das Defizit sich
erhöhen. Der Bodenseekreis hat mit zwei Flughäfen in der Nähe, Zürich und
Memmingen, einen großen Vorteil, so dass eine Schließung des Flughafens
Friedrichshafen keine Katastrophe wäre, im Gegenteil, die Anwohner, die unter
dem Fluglärm leiden, wären dafür sicher äußerst dankbar.
Jochen Jehle, SPD: Der Flughafen Friedrichshafen
ist eine wichtige Infrastruktureinrichtung der Region und macht im laufenden
Betrieb Gewinn. Mit den vor kurzem erfolgten Weichenstellungen bei der
Kapitalausstattung konnten diese Belastungen reduziert werden. Zudem beteiligt
sich die regionale Wirtschaft am Flughafen, was Ausdruck des gemeinsamen
Interesses an dieser Einrichtung ist. Und es gibt andere Verkehrsmittel, die
ohne öffentliche Subventionen nicht überlebensfähig wären.
Lothar Riebsamen, CDU: Das müssen die
Gesellschafter entscheiden. Für die Region ist der Flughafen zweifelsohne
wichtig, ich schätze diese Nähe auch sehr.
Hans-Peter Wetzel, FDP: Der
Flughafen Friedrichshafen verbindet die Bodenseeregion mit der Welt. Der
Flughafen Friedrichshafen ist notwendig für die Wirtschaft, für den Tourismus
und für die Menschen insgesamt. Als Kreisrat habe ich mich für die
Unterstützung des Flughafens Friedrichshafen ausgesprochen und eingesetzt, da
ich diese Förderung für sinnvoll halte.
Alexander
Gaus, Bündnis 90/Die Grünen: Unsere Verkehrsinfrastruktur
ist unterfinanziert. Es bedarf deshalb einer solideren Finanzierungsgrundlage,
um unsere jetzige Verkehrsinfrastruktur zu erhalten. Neben einer ökologischen
Steuerreform, zum Beispiel der Abschaffung des Dienstwagenprivilegs, kann auch
eine Maut basierte Finanzierung sinnvoll sein. Diese muss allerdings zwingend
dem Verkehrshaushalt zu Gute kommen und auch eine verkehrsstromtechnische und
ökologische Steuerung ermöglichen. Nur so kann sie zu einer besseren
Verkehrsverteilung und einem umweltverträglicheren Verhalten im Bereich der
Mobilität beitragen.
Annette Groth, Die
Linke: Nein, die Autobahn-Maut bei LKWs zeigt eindeutig, dass
die LKWs die Autobahnen vermeiden und auf die Bundesstraßen ausweichen,
d.h. der LKW-Verkehr hat auch im Bodenseekreis erheblich zugenommen. Eine
PKW-Maut auf allen Straßen würde erhebliche finanzielle Investitionen bedeuten,
die meines Erachtens gleich in die Sanierung des Straßennetzes fließen sollte.
Darüber hinaus hat die Maut noch einen unerwünschten Nebeneffekt, denn die
Kameras würden alle PKW-Bewegungen, Nummernschilder und dergleichen speichern.
Insbesondere in Zeiten der großen Abhörspionage - wie die Enthüllungen der NSA
und anderer Geheimdiensten zeigen - bin ich gegen die Maut. Die Maut für
ausländische PKWs, wie von CSU-Chef Seehofer vorgeschlagen, verstößt gegen
EU-Recht.
Jochen Jehle, SPD: Eine Vignette lehne ich ab,
weil sie den Vielfahrer genauso viel kostet, wie den Wenigfahrer.
Eine fahrkilometerabhängige Maut lehne ich ab, weil damit ein
Überwachungssystem installiert werden muss, das technisch aufwändig und teuer
ist. Die Mineralölsteuer hat finanztechnisch zudem schon den Effekt, dass
Vielfahrer mehr bezahlen als Wenigfahrer und das auf
allen Straßen! Lastwagen schaden den Straßen mehrtausendfach stärker als PKW.
Von daher müssen diese Verkehrsmittel stärker für die Straßenfinanzierung
herangezogen werden. Fazit: Von einer Ausweitung der LKW-Maut auf die
Bundesstraßen erwartet die SPD weniger Ausweichverkehr und jährliche
Zusatzeinnahmen von zwei Milliarden Euro, die wir wieder in den Straßenbau
investieren.
Lothar Riebsamen, CDU: Ich bin für Einführung
einer Vignette, keiner elektronischer Maut – und das nur unter der Bedingung,
dass deren Erlös tatsächlich in Neubau und Sanierung des Straßennetzes fließt.
Hans-Peter Wetzel, FDP:
Ich unterstütze die Forderung nach der Einführung der PKW-Maut, aber nur auf
Bundesautobahnen. Die Forderung einer PKW-Maut auf allen Straßen – wie kürzlich
Grünen-Verkehrsminister Hermann vorgeschlagen hat – lehne ich mit großer
Entschiedenheit ab. Die PKW-Maut auf Autobahnen könnte sinnvoll eingesetzt
werden für den Ausbau der Autobahnen und der Bundesstraßen.
Alexander
Gaus, Bündnis 90/Die Grünen: Verstärkte Bemühungen durch
Ausbildungsangebote vor Ort und Bindung der Arbeitnehmer durch attraktive
Arbeitsbedingungen und eine familienfreundliche Politik sind im Wettbewerb um
Fachkräfte unumgänglich. Zusätzlich zu diesen Maßnahmen fordern wir ein
Punktesystem, um die Zuwanderung von ausländischen Fachkräften leichter zu
ermöglichen.
Annette Groth, Die
Linke: Nein, denn ausländische Fachkräfte fehlen dann in ihren
Ländern. Meines Erachtens muss Deutschland keinen „Fachkräftemangel“
haben. Wir Linke setzen uns dafür ein, dass Menschen ein lebenslanges
Recht auf Weiterqualifizierung und Weiterbildung erhalten. Die heutige
hochtechnisierte Gesellschaft braucht Menschen, die ohne Sorgen um ihren
Arbeitsplatz Weiterbildungsangebote wahrnehmen können. Menschen in unserer
Gesellschaft sollen sich dafür entscheiden können, auch ein oder zwei Jahre aus
dem Berufsalltag auszuscheiden, um sich weiterzubilden; dann sollen sie
aber das Recht haben, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren. Die Linke tritt
dafür ein, dass alle Menschen ein gesetzlich garantiertes Recht auf bezahlten
Weiterbildungsurlaub erhalten. Zur Fachkräftesicherung bedarf es übrigens
vieler anderer "weicher" oder sozialer Bedingungen wie
z.B. gute Kinderbetreuung, bezahlbarer Wohnraum, gute öffentliche Verkehrsanbindung,
gute Arbeitsbedingungen und insbesondere gute Löhne.
Jochen Jehle, SPD: Es gibt viele Wege, das
Facharbeiterproblem zu lösen. Die SPD hat mit ihrem Zuwanderungsgesetz Anfang
des 21. Jahrhunderts überhaupt erst durchgesetzt, dass Deutschland sich für
Zuwanderung öffnet. Das Anwerben ausländischer Fachkräfte muss dabei mit einer
Willkommenskultur verknüpft werden z. B. durch Unterstützung bei der
Wohnungssuche, bei Behördengängen, in schulischen Fragen usw. Andere Wege wären
für mich eine Stärkung der dualen Ausbildung, eine höhere Erwerbsbeteiligung
von Frauen oder eine flexible Verlängerung der Lebensarbeitszeit.
Lothar Riebsamen, CDU: Die Rekrutierung
ausländischer Fachkräfte ist angesichts der demografischen Entwicklung
notwendig. Für mich liegt hier die Betonung aber auf qualifiziert. Doch
zunächst sollten wir unser eigenes Potenzial nutzen. So ist die
Arbeitslosigkeit im Osten Deutschlands bspw. immer noch zu hoch.
Hans-Peter Wetzel, FDP: Das
Facharbeiter-Problem ist evident. Ich finde es notwendig, dass wir uns im
Ausland nach ausländischen Fachkräften umsehen und diese anwerben, um dem
Fachkräftemangel bei uns entgegenzuwirken. Die Bundesrepublik muss konkrete
Angaben machen, welche Facharbeiter gewünscht werden, um das Problem zu lösen.
Alexander Gaus, Bündnis
90/Die Grünen: Wir wollen die Kommunen finanziell unterstützen
und zwar vor allem die Kommunen, die mit großen Problemen zu kämpfen haben. Die
Kommunen sollen eine ausreichende Finanzausstattung erhalten und so in die Lage
versetzt werden, ihren Bürger eine gute Daseinsvorsorge und gute Infrastruktur
zu bieten und ihren kommunalen Selbstverwaltungsaufgaben wieder gerecht zu
werden. Die Gewerbesteuer ist ein eine wichtige Finanzquelle für die Kommunen.
Wir wollen sie in kommunaler Hoheit belassen und zu einer kommunalen
Wirtschaftssteuer, mit einer breiteren Bemessungsgrundlage, weiterentwickeln.
Annette Groth, Die
Linke: Eine ausgesprochene Gegnerin. Steuereinnahmen, die den
Kommunen nutzen, gibt es zu wenige. Kommunen brauchen aber Geld zur
Finanzierung der öffentlichen Daseinsvorsorge wie Schulen,
Kinderbetreuungseinrichtungen, Jugendzentren aber auch Energie, Wasser und
öffentlichen Personennahverkehr. Kommunen, die zu wenige Einnahmen haben,
werden gezwungen, ihre Betriebe der öffentlichen Daseinsvorsorge zu
privatisieren. Das lehnt Die Linke ab.
Jochen Jehle, SPD: Die Gewerbesteuer hat sich
bewährt und ist eine wichtige Finanzquelle der Kommunen. Zudem bietet sie einen
Anreiz, Gewerbe anzusiedeln. Die SPD will die Gewerbesteuer so
weiterentwickeln, dass die Einnahmebasis für die Kommunen besser wird
Lothar Riebsamen, CDU: Es gibt nicht nur die
Gewerbesteuer, auch die Grundsteuer. Die Kommunen erhalten einen Anteil aus der
Einkommenssteuer oder erheben Gebühren bei Wasser/Abwasser etc. Ich war fast
zwanzig Jahre lang Bürgermeister und weiß wovon ich rede. Und ich weiß auch,
dass die Kommunen das gut machen. Deshalb sollte die Gewerbesteuer erhalten
bleiben.
Hans-Peter Wetzel, FDP: Die
Gewerbesteuer ist eine sehr problematische Steuer, da sie die Substanz der
Unternehmen besteuert. Die FDP hat sich seit Jahren dafür eingesetzt, dass die
Gewerbesteuer abgeschafft wird und dafür die Kommunen ein eigenes
Steuerfindungsrecht bekommen. Dadurch wollen wir den Kommunen keine Steuerhoheit
entziehen. Das Gegenteil ist der Fall. Die Kommunen bekommen das Recht eine
eigene Steuer einzuführen, z. B. um ein bestimmtes Projekt zu finanzieren.
Alexander
Gaus, Bündnis 90/Die Grünen: Eine Beachtung der
Menschenrechte steht klar vor den wirtschaftlichen Interessen bei Exporten von
Rüstungsgütern. Rüstungsexporte müssen stärker als bisher kontrolliert werden.
Dazu wollen wir ein Gesetz, das die Kriterien der Rüstungsexportrichtlinie,
insbesondere die Menschenrechtslage im Empfängerland und die Gefahr der inneren
Repression, fest verankert. Außerdem soll das Auswärtige Amt für
Rüstungsexporte zuständig sein. Wir wollen den Bundessicherheitsrat in seiner
jetzigen Form abschaffen. Die Geheimhaltung der Beschlüsse über Rüstungsexporte
wollen wir aufheben. Der Deutsche Bundestag wird vor einer beabsichtigten
Rüstungsexportgenehmigung bei besonders sensiblen Exporten unterrichtet und
erhält die Möglichkeit für ein aufschiebendes Veto zur Stellungnahme.
Annette Groth, Die
Linke: Ja, eindeutig. Ich bin für die allmähliche
Konversion der Rüstungsindustrie, eine alte Forderung der Friedensbewegung.
Allein für den Energieumbau brauchen wir viele Investitionen in Solar-,
Wasserkraft- und Windkrafttechnologie, da könnten wir Tausende von neuen Arbeitsplätzen
schaffen. Baden-Württemberg ist mit nur 5 Prozent an erneuerbarer Energie
Schlusslicht in Deutschland, da gilt es viel aufzuholen.
Jochen Jehle, SPD: Die Politik hat nicht die
Aufgabe die Rüstungsindustrie zu fördern. Vielmehr muss die Rüstungsindustrie
die bestmöglichen Waffen zu einem bezahlbaren Preis liefern, die wir für die
Erfüllung unserer Aufgaben in internationalen Friedenseinsätzen benötigen.
Darüber hinaus müssen Waffenexporte eingehend kontrolliert werden. Meine
Kontrolle hat ergeben: Die Bundesrepublik kann darauf verzichten,
Panzergeschäfte mit Saudi Arabien zu machen. Allerdings sollte sie sich dabei
europaweit abstimmen, wenn das Bestandteil einer sinnvollen, international
angelegten diplomatischen Strategie sein soll.
Lothar Riebsamen, CDU: Unter wirtschaftlichen
Gesichtspunkten kann sich die Bundesrepublik Deutschland leisten, auf diese Art
Geschäfte zu verzichten. Es stellt sich die lediglich Frage, ob unser Land sich
den Verzicht aus sicherheitspolitischen Erwägungen leisten kann.
Hans-Peter Wetzel, FDP: Das
Problem der Rüstungsexporte kann meines Erachtens nur im Einvernehmen mit allen
Ländern, z.B. in der EU oder der NATO-Länder gelöst werden. Der Verzicht der
Bundesrepublik auf Panzergeschäfte, z. B. mit Saudi Arabien wird keine
Wirkung haben, wenn dafür andere Staaten einspringen. Aus diesem Grunde ist es
erforderlich, dass die Staatengemeinschaft eine Lösung findet.
Alexander Gaus, Bündnis
90/Die Grünen: Viele von der Bundesregierung
im Bundesverkehrswegeplan eingestellte Vorhaben sind nicht ausreichend finanziert.
Zu diesen Vorhaben zählt auch der Ausbau der B31. Die grün-rote Landesregierung
hat die Straßenprojekte klar priorisiert. Auch auf Bundesebene brauchen wir
eine Priorisierung nach überprüfbaren Zielen und nachvollziehbare Kriterien.
Dies wollen wir mit einer Weiterentwicklung des Bundesverkehrswegeplans zu
einem Bundesmobiltätsplan erreichen.
Annette Groth, Die
Linke: Ja, dafür ist es wohl zu spät; d.h. der Ausbau des ÖPNV
bietet sich geradezu an und sollte vorranging gefördert werden!
Jochen Jehle, SPD: Mir sind keine zuverlässigen
Zeitplanungen für den Bau der B31 bei Überlingen bekannt. Vorrang haben für
mich die Projekte, bei denen die meisten Menschen von Lärm und
Verkehrsbelastungen entlastet werden können.
Lothar Riebsamen, CDU: Wir kämpfen dafür, dass
dieser Ausbau bis zur Landesgartenschau gelingt. Doch dafür muss das Land
Baden-Württemberg die Straße für den nächsten Bundesverkehrswegeplan
vorschlagen. Versprechungen kann und will ich hier deshalb auch keine machen.
Hans-Peter Wetzel, FDP:
Ich hoffe sehr, dass die B31 bei Überlingen früher gebaut wird. Die Straße ist
planfestgestellt. Mit dem Bau kann morgen begonnen werden. Ich hoffe sehr, dass
der Bau nicht erst im Jahre 2020 erfolgen wird.
Alexander Gaus, Bündnis
90/Die Grünen: Einer Gemeinde steht es frei, die Nutzung ihres
Hafens als öffentliches Gut mit Auflagen zu verbinden. Hierbei sollte sie die
Interessen aller Betroffenen und Nutzern im Auge haben. Ein fairer Wettbewerb
muss im Interesse der Passagiere für alle Anbieter von Beförderungsleistungen auf
dem Bodensee möglich sein. Allen Anbietern, die ihre Rechte verletzt sehen,
steht es frei, diese beim Verwaltungsgerichtshof geltend zu machen.
Annette Groth, Die
Linke: Nein, das ist in diesem Fall sicherlich nicht Aufgabe
der Politik.
Jochen Jehle, SPD: Nein. Dieses lokalpolitische
Problem sollten die Verantwortlichen vor Ort selbst klären.
Lothar Riebsamen, CDU: Konkurrenz belebt das
Geschäft. Letztlich sollten BSB wie kleine Anbieter ihr Potenzial ausschöpfen
können. Doch klar ist auch, dass das hervorragende Angebot der BSB von Ostern
bis Herbst nicht leiden sollte.
Hans-Peter Wetzel, FDP: Die
Politik muss darauf achten, dass ein fairer Wettbewerb zwischen den Betrieben
der Bodenseeschifffahrt besteht.