„Entscheidend
ist, dass etwas passiert“
Verkehrsminister Winfried Hermann
besucht Hagnau und stellt sein Konzept in der Markdorfer Stadthalle vor
Von Julian Glonnegger
und Anja Schuster
Markdorf „Verkehr ist ein
schwieriges Thema, das immer konfrontativ diskutiert wird“ – mit diesen Worten
hat Martin Hahn (MdL) am Freitag den Informationsabend mit Verkehrsminister
Winfried Hermann (Bündnis 90/Die Grünen) eröffnet. Dieser äußerte sich in der Markdorfer Stadthalle zu den allgemeinen
verkehrspolitischen Linien seiner Partei. Auf konkrete regionale Diskussionen
ging er dabei nur am Rande ein.
Nachhaltig wollen die Grünen den Verkehr und die Mobilität
machen. Zum einen durch die Abkehr vom Öl. Im besten Falle solle, so der
Minister, der Autoverkehr bis Mitte des Jahrhunderts überwiegend elektrifiziert
werden. Zudem setzt Hermann auf den Ausbau des Öffentlichen Nahverkehrs. Dieser
müsse „sicher, bequem, pünktlich und barrierefrei“ sein. Zudem müsse es geeignete
und ausreichende Fahrradleihstationen geben.
Ganz will aber auch der Grünen-Minister nicht auf den Ausbau
von Straßen verzichten. Doch er legt darauf wert, Straßen in allererster Linie
zu sanieren, nicht Neue zu bauen. Derzeit würden alle Projekte, die baureif
sind, überprüft. Anhand von Kriterien wie Kosten-Nutzen-Rechnung,
Sicherheitsgewinn und Umweltbelastung werde verglichen und eine Priorisierung
vorgenommen.
Darunter fallen auch die Ortsumfahrungen Ravensburg,
Friedrichshafen und Überlingen. Im Bereich zwischen Friedrichshafen und
Überlingen sei beispielsweise noch keine konkrete Lösung da, aber man könne
nicht den Verkehr von beiden Seiten vierspurig reinspülen, und dann dort keine
weiteren Maßnahmen einleiten. „Ich werbe für eine angepasste Lösung in diesem
Bereich.“
Am Vormittag war Hermann bereits in Hagnau
zu Besuch. Vor Ort machte sich der baden-württembergische Verkehrsminister ein
Bild von der enormen Verkehrsbelastung. „Entscheidend ist, dass was passiert“,
so Hermann. Einen Neubau der Bundesstraße 31, um die Seegemeinde
verkehrstechnisch zu entlasten, sei allerdings „in weiter Ferne“.
Man müsse pragmatisch denken und nicht immer nur nach der
größten Lösung suchen. Daher sei ein Lärmaktionsplan, wie er in Hagnau diskutiert wird, im Moment unerlässlich, um nach Alternativen
zu suchen. „Wir bauen an verschiedenen Stellen. Und der Bodenseekreis wird in
den kommenden Jahren ein Schwerpunkt der verkehrlichen Baumaßnahmen sein“,
sagte Hermann. Zuerst seien aber die Ortsumfahrungen in Friedrichshafen und
Überlingen dran. Hagnau sei daher von der
Verwirklichung noch am weitesten entfernt.
Angetan zeigte sich der Minister von der
Geschwindigkeitsreduzierung auf 30 Stundenkilometer. „Das hat immer eine
Lärmreduzierung zur Folge.“ Dass könne aber nicht die einzige Maßnahme bleiben.
Grundsätzlich sei es so, dass es dem Land an Geld fehle, um die straßenbauliche
Infrastruktur auf Vordermann zu bringen. Alle Parteien müssten erkennen, dass
„wir mehr Mittel dafür brauchen“. Schließlich gehe es nicht nur um
Bundesstraßen, sondern auch um die Elektrifizierung der Schienen im
Bodenseekreis.
Hagnaus Bürgermeister Simon Blümcke
stellte beim Vor-Ort-Termin nochmals klar, dass die Lärmschutzmaßnahmen in
seiner Gemeinde zwar sinnvoll seien, aber eben „reine Notwehr-Maßnahmen“
darstellten. „Ein Lärmaktionsplan ersetzt keinen Straßenneubau.“ Da Hagnau sicher noch viele Jahre warten müsse, seien nun eben
andere Maßnahmen gefragt. „Wir müssen trotz des vielen Staus Wege finden, den
Anwohnern ein Leben zu ermöglichen, ohne krank zu werden.“ Allerdings sagte Hagnaus Bürgermeister auch: „Es stehen hier nicht nur die Hagnauer im Stau, sondern Menschen aus der ganzen Region.“
Deshalb gehe es um eine regionale Lösung und nicht nur um Hagnau.
(Erschienen: 30.08.2013 22:39)