Lose Versprechen, leere Kassen: Unsere Straßen zerbröseln

Fast vier Milliarden Euro fehlen jährlich für die Infrastruktur

 

Von Klaus Wieschemeyer

Die Ärgernisse tragen überall andere Namen: A8, B10, B29, B30, B31, B32, B311 und so weiter. Die Probleme sind überall ähnlich: Mal nervt eine Dauerbaustelle, mal zerfällt der Belag, mal fehlt einfach ein zweiter Streifen, eine entlastende Umgehung. Ist das nur der Eindruck der Autofahrer und Anwohner vor Ort? Nein, diagnostiziert das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer im Juni vorgestellten Studie. Bundesweit gelten laut Verkehrsinvestitionsbericht der Bundesregierung 20 Prozent der 12800 Autobahnkilometer, 41 Prozent der 39700 Kilometer Bundesstraße in Deutschland und fast jede zweite Autobahnbrücke als sanierungsbedürftig. Die Zahlen auf Kommunalebene sind schwieriger zu erheben – besser sieht es bei Kreis- und Kommunalstraßen aber laut Experten nicht aus.

Doch dabei bleibt es wohl nicht. Unsere Straßen zerfallen immer weiter, warnt das DIW. „Wir beobachten, dass sich in den letzten Jahren der Zustand der Infrastruktur verschlechtert hat“, sagt Heike Link aus der Verkehrsabteilung des DIW. Kurzum: Deutschland lebt von der Substanz. Im Wahlkampf versprechen alle großen Parteien – wie schon vor vier Jahren – zwar mehr Geld für Straßen. Doch selbst wenn diese Versprechen wahr würden – wahrscheinlich reicht es nicht, um den Zerfall aufzuhalten, glaubt Heike Link.

13,2 Milliarden Euro müssten pro Jahr investiert werden

Deutschland müsste pro Jahr insgesamt etwa 13,2 Milliarden Euro investieren, um die Substanz an Straßen und Schienen überhaupt zu erhalten, sagt sie. Zuletzt flossen aber lediglich 9,4 Milliarden Euro jährlich in die Infrastruktur – Tendenz sinkend. Das bedeutet, dass dem Staat jährlich 3,8 Milliarden Euro seines Anlagevermögens schlicht wegbröseln.

Das ist nicht nur ärgerlich, sondern kann auch wirtschaftliche Folgen haben. Wie in Ehingen (Alb-Donau-Kreis), wo Liebherr Mobilkrane für den Weltmarkt baut. Bevor diese an den Nordseehäfen eingeschifft werden können, müssen die Auslieferer in der Traglast heruntergestufte Brücken umfahren, die Umwege betragen bis zu 200 Kilometer. „Das hat Kostensteigerungen zur Folge, für Kran, Kranausrüstung und teilweise für notwendige Begleitfahrzeuge“, erklärt Wolfgang Beringer, Leiter der Verkaufsförderung im Werk.

(Aktualisiert: 20.07.2013 18:49)