„Was Ramsauer sich leistet, ist unter aller Kanone“

Häfler SPD ehrt Genossen – Claus Schmiedel, SPD-Fraktionschef im Landtag, ist zu Gast

 

Hoher Besuch bei den Häfler Sozialdemokraten gestern Vormittag im „Dorfkrug“: Der Fraktionschef der Genossen im Landtag, Claus Schmiedel, ehrte in der weihnachtlichen Jahresabschlussfeier langjährige Parteimitglieder für bis zu 40-jährige Parteizugehörigkeit – allen voran den ehemaligen Abgeordneten Norbert Zeller, mit dem ihn eine intensive Zusammenarbeit im Landtag verbunden hat. Schmiedel übte herbe Kritik an der jüngsten B 31-Entwicklung und namentlich am Bundesverkehrsminister. „Was Ramsauer sich leistet, ist unter aller Kanone“, sagte er unter langem Beifall. Und weiter: „Das wichtigste Verkehrsprojekt im Land fällt unter den Tisch“.

Im Beisein von Bürgermeister Holger Krezer und unter dem Motto „Für ein soziales Friedrichshafen“ gedachten die knapp 100 Mitglieder, unter ihnen zwei neue und sechs neu zugezogene, den Verstorbenen Karl Ziegler und Ulrich Lange sowie den Opfern der Brandkatastrophe in Titisee-Neustadt, ehe Schmiedel auf die Zeit der Parteieintritte vor 40 Jahren einging. Damals hatte die SPD um die 500 000 Mitglieder und damit in etwa so viele wie heute. Dann folgte in den Siebzigern die Willy-Brandt-Ära und ein Mitgliederanstieg auf eine Million. 1972 trat auch Norbert Zeller bei, motiviert durch sein Engagement in der „Brennessel“, aus der 90 Prozent der Kinder in Sonderschulen geschickt wurden und in ihm die Erkenntnis gewachsen war, dass Bildungserfolg etwas mit Chancen zu tun hat.

Ziel der SPD damals wie heute sei es, ein Bildungssystem zu entwickeln, dass die Chancen von der sozialen Herkunft durch längeres gemeinsames Lernen abkopple. Dafür gebe es eine breite Initiative, wolle die SPD die Chancen dazu umsetzen. „Wir machen das“, postulierte Schmiedel, und dafür brauche man Zeller, an dessen Berufung an die Spitze der Stabsstelle er nicht unbeteiligt war. Gerhard Raichle, die „historische Kommission“ der Häfler SPD, blickte auf die Eintrittszeit der heutigen 40er, die die „Nase gestrichen voll“ und als 68er aus ihrem Unmut keinen Hehl gemacht hatten. Willy Brandts Motto „Wandel durch Annäherung“ hatten sie auch nach innen verstanden, sie wollten eine Gesellschaft, die mehr Freiheit bietet. Die damalige Große Koalition hatte in Friedrichshafen lediglich einen Befürworter. Raichle entpuppte sich in der Folge als gekonnter „Reimer“ und erläuterte in Gedichtform, wie Jürgen Binder (ebenfalls ein 40er) „zum Sozi“ wurde. Um es kurz zu machen: „Durch ein hübsches, blitzgescheites Mädel.“

 

Jürgen Binder selbst meinte in drei Gedichten unter anderem: „Pack verträgt sich, Pack verschlägt sich“, mit Blick auf die heutige Berliner Koalition. Im „schwarzen Erdteil Oberschwaben“ seien „Prioritätenlisten (B 31-neu) für die Katz“, und gewisse Entwicklungen hätten sogar MdL Müller die Sprache verschlagen.

Dessen Gattin Rotraut Binder hielt dann die jeweilige Laudatio auf drei Mitglieder mit 40-jähriger SPD-Vergangenheit, allesamt Lehrer, was kein Fehler sei, denn sie seien allesamt Vorbilder. Sie würdigte unter anderem Gerhard Raichle und den echten Häfler Hans-Georg Reichert, der als Lehrer sogar den Bäckerlehrling Jürgen Klinsmann als Schüler hatte und immer Flagge zeigt.

(Erschienen: 10.12.2012 07:00)