Gerangel um Straßen beginnt

20.03.2013

 

Als „grobes Konzept“ bezeichnete Winfried Hermann (Grüne), der Minister für Verkehr und Infrastruktur (MVI), die neue Liste der auszubauenden und neu zu bauenden Bundesfernstraßen. Ab dem Jahr 2015 soll der bisherige Bundesverkehrswegeplan fortgeschrieben werden.

Das Land will nicht einfach die alte Liste wieder Richtung Berlin verschicken, sondern eigene Prioritäten setzen. 160 Bau-Maßnahmen in den vier Regierungsbezirken sind auf seiner Vorschlagsliste zu finden, die allermeisten „alten Bekannten“ darunter, die auch schon im bisherigen Bundesverkehrswegeplan standen. Nur sieben sind neu dabei. 100 der Projekte sind Neubaumaßnahmen, Ortsumfahrungen zumeist. Rund 60 sind Ausbauten, überwiegend von Autobahnen.

Die meisten Maßnahmen finden sich im Regierungsbezirk Stuttgart, nämlich 48, während es in den RP's Freiburg, Karlsruhe und Tübingen jeweils 38 sind. Auch wenn alle Bauvorhaben – rund 80 weniger als früher – nach Kriterien ausgewählt wurden, gewichtet diese Liste noch nicht. Die Experten reihten lediglich die wichtigsten Maßnahmen auf und versahen sie mit der bisherigen Klassifizierung in vordringlichen und weiteren Bedarf. Eine Priorisierung nach Dringlichkeit soll nun in der Verbändeanhörung und auf Regionalversammlungen geschehen.

„Es werden viele Wünsche kommen“, ahnt Staatssekretärin Gisela Splett (Grüne). Regionalverbände und Landkreise hätten schon angeklopft. Die Landesregierung mache den Regionen das Angebot der Transparenz, indem Kosten für jeweilige Maßnahmen erläutert würden. Da müssten sich die Regionen entscheiden – auch mal gegen einen Ausbau. Hermann lobte das Bundesministerium für Verkehr. „Man hat sich ein Stück weit an unseren Ideen orientiert“, freut sich der grüne Minister. Auch im Bundeskonzept findet sich nun das Prinzip Aus- und Weiterbau vor Neubau. Hermann fordert aktualisierte Basiszahlen wie Verkehrsprognosen und Finanzierungsvolumen. Sonst sei die „Gefahr groß, dass erneut lange Wunschlisten geschrieben werden“.

Maßgeblich bei der Auswahl der Verkehrsexperten im MVI war laut Staatssekretärin Splett, ob die Maßnahme auf einer verkehrlichen Hauptachse liege. Einzelmaßnahmen fanden dann Aufnahme in den Katalog, wenn dort die Verkehrsmenge von mindestens 13 500 Kraftfahrzeugen oder 1000 Lastkraftwagen binnen 24 Stunden überschritten wird. Den Finanzierungsbedarf schätzt Hermann für alle Projekte zusammen auf 9,4 Milliarden Euro, was eine Mittelzuweisung des Bundes von 600 Millionen Euro pro Jahr nötig machte. Illusorisch, wie Hermann hinzufügt. Laut Bundeskonzept sollen 70 Prozent des Geldes in große überregionale Achsen gehen, 30 Prozent in den Rest. Für Hermann ist dies klar die „Ansage“ hin zu den dickeren Verkehrsströmen. Es bedeutet das Aus für viele versprochene Ortsumfahrungen. Hermann betrachtet die erste „grün-rote“ Priorisierung vor eineinhalb Jahren selbstkritisch: „Auch unser Plan war ein Wunschkatalog.“ Der Druck vor Ort sei riesig gewesen. „Diese Vorschlagsliste zeigt deutlich, dass unserer Verkehrspolitik Verlässlichkeit und Umsetzbarkeit wichtiger sind als Versprechungen,“ ergänzte Landtagsabgeordneter Hans-Peter Storz (SPD).

Bei der ersten Priorisierung als Landesminister durchkreuzte indes auch Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) die Pläne aus Stuttgart. Er finanzierte Projekte wie die B30 Baindt-Ravensburg/Eschach, die nicht oder ganz hinten auf der Liste standen. Davor ist das Land nach wie vor nicht gefeit. Bis September soll die priorisierte Liste stehen und nach Berlin gesandt werden. „Letztlich muss der Bund entscheiden, inwieweit er unseren Vorschlägen folgt, sagt Splett.