11.12.2004 05:22

Landwirte fürchten Enteignung

Nichtöffentliche Informationsveranstaltung für Grundbesitzer zur Ortsumfahrung

"Geschlossene Veranstaltung" hieß es am Donnerstag Abend in der Stadthalle: Stadt Markdorf, die Behörden und Straßenplaner hatten zu einer Informationsveranstaltung zur geplanten Ortsumfahrung eingeladen - allerdings nur die Landwirte und Grundbesitzer. Mit Hinweis auf die "Schutzsphäre von Privateigentümern bei der Behandlung persönlicher Belange", so Peter Voss vom Amt für Liegenschaften Hoch- und Tiefbau in Friedrichshafen, waren sich Stadt und Landkreis einig, "von Öffentlichkeit abzusehen".

Markdorf -

VON CHRISTIANE KEUTNER

 

 

Markdorf - Nach Recherchen des SÜDKURIER wurde den Landwirten das Projekt nochmals vorgestellt. Den gewählten Straßenverlauf begründeten sie mit einer Vielzahl von Gesetzen, insbesondere im Bereich Umwelt und Naturschutz, verwiesen auf "Bürgerentscheide, die zu eindeutigem Quorum führten", und sprachen angesichts von 27000 prognostizierten Fahrzeugen täglich auch von einem absoluten Handlungsbedarf in Kluftern. Sie versprachen aufgrund von Verkehrsgutachten "massive Entlastung", die durch die Ortsumfahrung (OU) Bermatingen noch wesentlich verstärkt werde. Diese solle fast zeitgleich zu Markdorf gebaut werden. Beide Maßnahmen würden zumindest parallel geplant. Hier verwies jedoch ein Landwirt auf die Sitzung der Projektgruppe im September, in der Straßenplaner Kohler vom Straßenbauamt Überlingen gesagt habe, dass die OU Bermatingen, da Landesstraße, später gebaut werde als Markdorf und Kluftern.

Die OU in Markdorf werde an sich schon als Einzelmaßnahme Entlastung bringen, hieß es. Um die Finanzierung müsse man sich keine Sorgen machen, sie sei gesichert, verwarf Bürgermeister Bernd Gerber den Verweis auf geldliche Engpässe. Bis Ende 2007/08 sollen die Planungen in Markdorf, bis 2009/10 für Bermatingen fertig sein.

Während die Südumfahrung für die Planer ein "vernünftiges Konzept für den gesamten Raum" ist, ist sie für die Landwirte nicht akzeptabel. Sie bevorzugen den Ausbau der B31. Bei einer eventuellen OU ziehen sie den Aldi-Kreisel im Gegensatz zum Wagner-Knoten vor, besonders die Lipbacher und Klufterner. Ihr Argument: Dort finde eine bessere Verkehrsverteilung statt und sie fürchten, dass die Autofahrer die bequemere Variante durch die Stadt bevorzugten, als wenn sie erst zum Wagner-Knoten fahren müssten. Der ist jedoch laut Planer im Ausbau sieben Millionen billiger als andere Varianten.

Auch im Bereich Flurbereinigung gibt es bis jetzt noch unterschiedliche Meinungen. Rund zehn Hektar benötigt die OU, die Ausgleichsfläche in Höhe von acht Hektar ginge den Landwirten dann auch wieder verloren. Ein Preis von 7,67 Euro pro Quadratmeter soll für die Fläche bezahlt werden, die unmittelbar mit dem Bau der Trasse zusammenhängt; der übrige Boden soll mit maximal drei Euro vergütet oder Ersatzland angeboten werden. Die Rede war auch davon, den Wert der Grundstücke anzusetzen. Die Planer wünschen sich eine Zusammenarbeit mit den Landwirten. In Einzelgesprächen soll geklärt werden, ob sie zum Beispiel an einem Landtausch interessiert sind.

Wollen die Landwirte die Trasse verhindern, werden sie über das Verfahren einer Flurneuordnung enteignet, informierten die Planer. Diesen Weg wolle jedoch niemand gehen; zunächst möchte man Gespräche führen. Abgeklärt werden soll zunächst einmal, wer Flächen abgeben wolle.

So wie es nach dem derzeitigen Stand aussieht, ist dazu noch niemand bereit. Die Mehrzahl der Landwirte wünschen sich den Ausbau statt Neubau. Zudem bringe laut Gutachten die stadtnahe Umfahrung eine wesentlich bessere Entlastung und auch der Landverbrauch wäre laut Landwirtschaftsamt geringer. Das angedeutete Enteignungsverfahren hatten sie als Drohgebärde empfunden, um Druck zu machen, so einige Landwirte.

Der Tenor der sich anschließenden "heftigen aber sachlichen Diskussion" war einhellig, dass man diese Straße so nicht wolle. Während sich die eine Gruppe fast sicher ist, den Gerichtsweg zu beschreiten, will die andere zunächst schauen, wie die Chancen sind, einer Enteignung zuvorzukommen.

Eine Klage mache nur dann Sinn, wenn Fehler bei der Planung gemacht worden seien, oder wenn sich herausstelle, dass die jetzt bevorzugte Trasse nicht die günstigste in Bezug auf Landverbrauch und Entlastung sei. Kritisiert wurde, dass die Landwirte bisher nicht in die Planung mit einbezogen worden waren.