10.12.2004 04:53

"Massive Prognose-Manipulationen"

Bermatinger Initiative nach wie vor gegen eine Ortsumfahrung - Hauptversammlung in der "Weinstube Stecher"

Die Verhinderung der Bermatinger Ortsumfahrung (OU) oder eine menschen- und naturverträgliche Gestaltung derselben: Das ist vorrangigstes Ziel des Vereins "Bürgerinitiative (BI) Bermatingen-Ahausen für ein umweltverträgliches Verkehrskonzept". Viele neue Infos gab es in der Hauptversammlung in der "Weinstube Stecher".

Bermatingen

VON CHRISTIANE KEUTNER

Bermatingen - Das vergangene Jahr war "wegen der mehrmonatigen Schweigepause des Straßenbauamts Überlingen" vergleichsweise ruhig, sagte Uwe Gasch in seinem Rückblick. Erst in den vergangenen Wochen habe es Neuigkeiten zur Ortsumfahrung veröffentlicht. Er bedauerte, dass die große Veranstaltung zum Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) unter dem Motto "Informieren - gestalten - umsteigen" im November 2003 nicht stattfinden konnte, weil weder das Landratsamt noch die Volkshochschule oder der Bürgermeister als neutraler Veranstalter auftreten wollten. Die SPD sei zwar bereit gewesen, doch hatte die BI dann einen von vornherein eingeschränkten Teilnehmerkreis erwartet.

Eine Mautpflicht für die Bundesstraße B31? Diese im Internet recherchierte Information ließ aufhorchen. Als bei den Regierungspräsidien Tübingen und Freiburg sowie beim Bundesministerium für Verkehr nachgefragt wurde, wiegelten diese jedoch ab. Dass diese Möglichkeit aber gar nicht so wirklichkeitsfern ist, denkt Gasch. Komme es zu einer Mautpflicht - das ist dann der Fall, wenn Lastwagen auf Bundesstraßen ausweichen, um sich Gebühren zu sparen -, befürchtet er massiven Ausweichverkehr im Hinterland.

Zu den Aktionen 2004 gehörten auch der erarbeitete Internetauftritt, den man sich unter der Adresse der Gemeinde www.bermatingen.de anschauen kann. Erkenntnisse brachte der Vortrag von Verkehrsplaner Heusch im Mai, der aus seiner Sicht genauso wie Dr. Hanke vom BUND Salem "massive Prognose-Manipulationen zu Gunsten hoher Verkehrszuwächse" belegen könne.

Die Teilnahme an Planungssitzungen des projektbegleitenden Arbeitskreises des Straßenbauamts Überlingen zur Ortsumfahrung (OU), an Gemeinderatssitzungen, Kommunalwahlveranstaltungen und Kontakte zu gleichgesinnten Initiativen gehörten ebenfalls zu den Aktivitäten. Zudem unterbreitete die BI anlässlich der Kommunalwahl der Verwaltung, Parteien im Ort und Gemeinderäten Vorschläge zur schnelleren Minderung und Beruhigung des Durchgangsverkehrs.

Nach dem Bericht von Kassenwart Bernd Ummenhofer informierte Edmund Mahler über den aktuellen Stand der geplanten OU. Demnach wolle die Gemeinde die Abzweigung der L205neu bei einer OU etwas mehr Richtung Westen verschoben wissen, um die potenzielle Fläche des Gewerbegebiets zu vergrößern. Dagegen hätte die BI nichts einzuwenden. Diese Änderung hängt jedoch von übergeordneten Behörden ab.

Nicht einverstanden ist die BI jedoch mit dem neuen Vorschlag einer Kreuzung, die die Verbindungsstraße Bermatingen-Ahausen an die geplante OU anbinden soll. Statt einem Kreisverkehr bevorzuge das Regierungspräsidium Tübingen einen "einhüftigen Knoten", der laut BI auf der falschen Seite liegt. Das führe zu noch mehr Lärm, weil der Verkehr ungebremst fließen könne. Und der die Ortsteile verbindende Rad- und Fußweg müsse unnötig eine gefährliche Kreuzung überwinden.

Da sie nicht nur gegen etwas sein möchte, will sich die BI weiterhin einbringen, gerade auch innerhalb der Gemeindeentwicklungsplanung. Sie will sofort wirkende innerörtliche Entlastung aufzeigen, anregen und anmahnen, zu verkehrsbezogenen Themen informieren, an die bisher fehlenden amtlichen Basis-Verkehrszählungen zum Ziel-, Quell- und Durchgangsverkehr erinnern, das Planverfahren zur Ortsumfahrung beobachten, einspruchswilligen Bürgern helfen und den nächsten Bürgerentscheid zur OU vorbereiten.

Ob eine OU überhaupt gebaut wird, ist laut Wolfgang Jürgensmeyer fraglich. Öffentliches Geld fehle an allen Ecken, begonnene Straßenbaumaßnahmen werden in Baden-Württemberg laut früherem Verkehrsminister Müller bereits aus dem Straßenbau-Erhaltungsetat mitfinanziert, damit sie fertig gestellt werden können. Die Bermatinger OU sei das Schlusslicht der Strecke Friedrichshafen-West der OU Kluftern und Markdorf. Somit sei es ganz unwahrscheinlich, dass sie komme. Klug sei die anstehende Dorfentwicklungs-Planung ohne eine OU.