27.05.2004 06:06

Geht der Planfall 7.5 ad acta?

Verkehrsplaner Gerhard Heusch referiert auf Einladung der Bürgerinitiative

Kurioses und Merkwürdiges glaubt der freiberufliche Verkehrsplaner Gerhard Heusch bei der Planung zur Ortsumfahrung Bermatingen und beim so genannten Panfall 7 zu Tage gefördert zu haben. Auf Einladung der "Bürgerinitiative für ein umweltverträgliches Verkehrskonzept Bermatingen Ahausen" stellte er seine neuesten Erkenntnisse vor.

Bermatingen

VON SIEGFRIED AMANN

Bermatingen - Den ursprünglichen Planungsauftrag habe das laut Gerhard Heusch "eigentlich für Planungen gar nicht kompetente Straßenbauamt längst eigenmächtig abgeändert: "Die Umfahrungen waren Teil des Planungsfalls 7, haben sich aber inzwischen mit eigenen Nummern verselbständigt. Keine Rede mehr von Zubringern. Diese Funktion könnten die Umfahrungen Bermatingen und Markdorf nach Heuschs Auffassung auch gar nicht leisten, da die so genannte Bündelungstrasse B31neu kreuzungsfrei und damit ohne Anknüpfungspunkte vorgesehen sei: "Das ist reine Augenwischerei. Hier werden einer Straße viele Zu- und Abfahrten weggenommen und dann behauptet man einfach, sie würde den Verkehr der Region auf sich ziehen. Das Gegenteil ist folgerichtig: Gemäß des Modells wird mehr Verkehr in der Region verbleiben. Die Bündelungstrasse ist nur ein Synonym für die in Verruf geratene Autobahn." Heusch plädierte entgegen den Planungskonzepten für eine bewusste Aufsplitterung des Verkehrs, da diese gerechter und kostengünstiger wäre.

Ein Besuch beim Verkehrsplanungsbüro "modus consult" in Ulm, die für die, den Planungen zugrunde liegenden Prognosen verantwortlich zeichnet, hätte nach Heuschs Worten außer einem netten Kaffee und einer Betriebsführung mit herrlicher Aussicht wenig Informatives zutage gefördert. "Die Planungen sind dermaßen abgehoben, dass man eigentlich nur noch mit dem Kopf schütteln kann", so Heusch. Trotz Fehlen jeglicher Anknüpfungspunkte seien abschnittsweise Verkehrsprognosen herausgegeben worden, die dann mit teils "abenteuerlichen Bewegungsprofilen" aufwarten: "Das ist im Wesentlichen Unfug. Womit da gerechnet wurde, kann ich mir beim besten Willen nicht erklären. Erhebliche Entlastungen zu prognostizieren, ohne dass die Möglichkeit einer Auffahrt besteht, gehört in das Reich lebhafter Fantasie. Mit Zahlen zu operieren, ohne zu wissen, wo Autos herkommen oder wegfahren können, ist albern."

Besonders kritisierte Gerhard Heusch, dass die Berechnungsgrundlagen als "Geheim- und Verschlusssache" behandelt würden. Verkehrsminister Ulrich Müller habe erklärt, dass das Ermittlungsverfahren von "modus consult" Betriebsgeheimnis sei. "Seither wird gemauert, und das Straßenbauamt ist auf blindes Vertrauen angewiesen, ohne zu wissen wie die Zahlen mit denen sie arbeiten müssen zustande gekommen sind." Heusch bemängelte, dass "viele Autos künftig fliegen lernen, andere abrupt und ohne Grund ihre Fahrtrichtung ändern oder sich ganz auflösen und woanders wieder auftauchen, oder sich Bündelungstrassen sich wie Parkplätze verhalten müssen, nur damit modus consult Recht behält."

Nahe liegend sei, dass über die Südumfahrung Markdorf ein kostengünstiger Anschluss an die B33 Richtung Ravensburg über den "Wagner-Knoten" und Leimbach geschaffen werden könnte.

Sämtliche Prognosen für Region und Umfahrungsstraßen seien nur unter der Voraussetzung gültig, dass die Bündelungstrasse bereits existiere. Mit dem Markdorfer Beschluss auf Empfehlung der Stuttgarter Landesregierung, ein von der EU geschütztes "Fauna Flora Habitat"-Gebiet genau auf der geplanten Trassenverlauf7.5 auszuweisen, hätten die Planer laut Heusch den "strategischen Rückzug" aus dem Straßenprojekt angetreten: "Der Planfall 7.5 ist tot, Makulatur, kann man vergessen. Die Regierung weiß, dass sie auch auf Grund der Mängel in den Verkehrsprognosen ausgespielt hat. Im Moment sind wir genauso weit wie 1979. Da werden Märchen aufrechterhalten."

Wolfgang Jürgensmeyer von der Bürgerinitiative sieht in der Finanzsituation von Land, Kreis und Kommunen und den Widerständen die entscheidenden Hindernisse für das Projekt: "Wir haben nicht den geringsten Grund, konstruktiv pro Straßenbau zu argumentieren. Den jetzigen Zustand können wir locker noch 20 Jahre aushalten." Im Moment werde der Mantel des Schweigens über das Projekt gelegt, bis die Wahlen vorbei seien.

Die neuesten Zählungen Jürgensmeyers haben ihm zufolge ergeben, dass mittwochnachmittags, an dem Bermatinger Geschäfte geschlossen sind, 15 Prozent weniger Verkehr als sonst unterwegs seien. Daraus könne abgeleitet werden, dass dieser Anteil allein Einzelhandelsverkehr ist, der durch eine Umfahrung entweder in größere Einkaufszentren geführt werde, oder dennoch durch Bermatingen rolle.