26.04.2004 06:11

"Schlimmer geht's nicht"

Erfahrungsaustausch zweier Bürgerinitiativen am Beispiel der B 31

 

Friedrichshafen

 

Es war wie verhext: Just an dem Samstag, als sich die Bürgerinitiative "Pro Kluftern" zum Vorort-Termin bei "Bürger für Lärmschutz" in Eriskirch trifft, staut es sich erstmals auf der neuen B 31, und zwar gewaltig. "Die sind wieder gestanden, genau wie auf der alten Straße", meint Anwohnerin Bertele. "Das ist dann eben unser 22 Millionen-Euro-Stau", setzt sie nach und schaut gen Straße, auf der die Autos längst schon wieder rollen. "Heute ist es gar nicht so schlimm", klärt Marie-Theresia Haller, die der neuen B 31 wohl am nächsten wohnt, die Gäste aus Kluftern auf. Die schauen sich direkt an der Fahrbahn die ersten Löcher an, die bereits im Belag klaffen. Unterhalten kann man sich hier kaum. "Heute sind keine Lkw und Motorräder dabei", sagt sie. "Auf dem Balkon sitzen können wir trotzdem nicht mehr." Sie sei mit der alten B 31 aufgewachsen, und bestimmt die letzte, die meint, die neue Straße wäre nicht notwendig gewesen. Aber dass man die Anwohner samt Lärmschutz "vergessen" hat, das trägt sie nicht nur dem Straßenbauamt nach. Walter Zacke von Pro Kluftern kann kaum fassen, dass die Schallwellen tatsächlich ungedämpft bei den Menschen ankommen, die bis zu 50 Meter an die neue Straße heran leben.

"Willkommen im staatlich anerkannten Lärmort Eriskirch", frotzelt später im Eriskircher Turnerheim einer der Gastgeber. Hier hat Patrick Haller eine kleine Beamer-Show vorbereitet. "Ich denke, Sie haben einen echten Eindruck gewonnen, was Ihnen in Kluftern blühen kann", sagt er und klärt über verschiedene Formen des Lärmschutzes auf. Ein sechs Meter hoher Lärmschutzwall dämpfe zum Beispiel um rund 17 Dezibel. "Das ist gar nicht so teuer", sagt Haller, und nennt Kosten von etwa 93 Euro je Quadratmeter Wallfläche. Aufhorchen lässt die Feststellung, dass ein Flüsterbelag, wie ihn die Gemeinde Immen-staad mitfinanziert hat, pro Quadratmeter etwa fünf Euro mehr kostet. "Das wären heute etwa acht Dezibel weniger Lärm bei Baukosten von etwa 200000 Euro und damit gerade einmal ein Prozent der Gesamtkosten der neuen Straße." Stattdessen wurde ein Belag ausgewählt, so Haller, der Schwerlastverkehr möglichst lange trägt und in der Fachwelt als schallhart bezeichnet werde.

Auch wenn die Eriskircher bislang minimale Verbesserungen beim Regierungspräsidium in Tübingen durchsetzen konnten: "Viel bringt das alles nicht", sagt Patrick Haller. Ein Beispiel: Zwar stehen seiner Familie Lüfter zu, weil sie die Fenster theoretisch nicht mehr öffnen dürften wegen des Lärms. "Aber diese Lüfter erzeugen einen Eigen-Lärm von rund 50 Dezibel - eine Lachnummer", sagt er und gibt den Klufternern den Rat mit auf den Nachhauseweg, auf keinen Fall zu früh aufzugeben. "Sie haben noch gewisse Chancen, auf die Planung Einfluss zu nehmen." Katy Cuko