31.03.2004 06:07

Kein Geld für neue Straßen

Bund mindert Zuweisungen für den Fernstraßenbau von 225 auf 167 Millionen Euro

Schlechte Nachricht für Baden-Württemberg: Der Bund streicht beim Straßebau im Südwesten rund 400 Millionen Euro. "Unverantwortlich", sagt Verkehrsminister Müller. An den Fakten und mindestens ebenso an den Begründungen entzündet sich ein Streit zwischen Bund und Land.

Stuttgart

VON GABRIELE RENZ

 

 

Stuttgart - Zumindest die Konstanzer können beruhigt aufatmen: An der B33 kann weiter gebaut werden. Der Fernstraßenabschnitt ist einer der wenigen im Land, für den der Bundesverkehrsminister nach dem Maut-Debakel Geld locker macht. Gerade drei neue Projekte können angepackt werden. Alle anderen Vorhaben, die geplant wurden, als man im baden-württembergischen Umwelt- und Verkehrsministerium noch von 225 Millionen Euro für Investitionen ausging, können nun nicht angegangen werden.

Vor wenigen Tagen legte der Bund die aktuellen Zahlen vor: Danach kann Baden-Württemberg 167 Millionen Euro auf der Straße verbauen. Der Zuweisungsschwund war Thema einer gemeinsamen Kabinettssitzung zwischen Hessen und Baden-Württemberg in Bad Wimpfen. Berlin soll das zugesagte Geld, also die im Herbst in Aussicht gestellten 225 Millionen Euro, überweisen und zugesagte Investitionen finanzieren, lautete der Tenor.

Die Kabbelei entspinnt sich an den Gründen für die geringeren Bundesmittel. Rot-Grün zeigt auf die Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) und Peer Steinbrück (SPD), die im Vermittlungsausschuss erfolgreich Vorschläge zum Subventionsabbau vorgelegt hatten - unter anderem massive Einsparungen bei der Schiene. Gleichzeitig gehen mehr als 380 Millionen Euro weniger in den Straßenbau im Südwesten.

Boris Palmer, Verkehrsfachmann in der Grünen-Fraktion im Landtag, ficht auf Landesebene den Stellvertreterkampf aus. "Hauptsächlich" die Vorschläge von Koch und Steinbrück hätten die Kürzungen verursacht und weniger eine Streichwut der Berliner Koalition. "Dank grünen Drucks" jedoch werde bei Schiene und Straßen gleichermaßen gekürzt. Palmer aber gibt zu, dass die zu erwartenden Investitionsraten "erheblich" unter den Vorgaben des Bundesverkehrswegeplanes 2003 bis 2015 liegen. Die politische Aufgabe bestehe darin, "die richtigen Prioritäten zu setzen", meint der Grüne Landtagsabgeordnete. Sparzwang könne "auch produktiv sein, wenn auf besonders unnötige Projekte verzichtet wird". Beispiele nennt er nicht.

In Ulrich Müllers Verkehrsministerium stöhnt man derweil, mit dieser Zuweisung werde man in den kommenden drei Jahren einen "bisher noch nicht gekannten Tiefstand" erreichen. Und laut Prognose soll es so weiter gehen: 74 Millionen Euro für 2005, ein Jahr darauf nur noch 23 Millionen Euro und 2007 rund 54 Millionen Euro. Das entspricht laut Müllers Rechnung knapp 400 Millionen Euro weniger für die Jahre 2004 bis 2007 im Vergleich zu den im Herbst 2003 zugesagten Geldern. Eine Abstimmung, so der Vorwurf aus Stuttgart, habe nicht stattgefunden: "Der Bund hat wieder einmal einsame Entscheidungen getroffen".

Bei der FDP gibt man sich konstruktiv: Die Verkehrsfachfrau der Landtagsfraktion, Heiderose Berroth, forderte die Landesregierung auf, Überlegungen zu alternativen Finanzierungsformen beim Fernstraßenbau anzustellen, statt sich "über die ausbleibenden Mittel zu beklagen." Berroth sagt auch dann "knappe Mittel" voraus, wenn "die LKW-Maut eines Tages kommen sollte."

Verkehrsminister Müller hat sich angesichts der Mangelverwaltung erst einmal zu einer anderen Gewichtung der Ausbauten entschlossen: So soll rund ein Drittel des Geldes, das für Sanierung vorgesehen war, in den Neubau von Straßen gesteckt werden: Im Jahr 2004 etwa 40 Millionen - Geld, dem auch die Konstanzer das allmähliche Werden ihrer B 33 zu verdanken haben.